Mit Bande: Wie Stadionwerbung dank neuer virtueller Technologien das Vermarktungspotential vergrößert

Die gute alte Bandenwerbung hat schon so manchem Werbepartner beste Dienste geleistet. Von den Verkäufen dieses Werbeinventars profitieren Vereine seit jeher; doch während die statische Band längst ausgedient und LED-Anzeigen Platz gemacht hat, wird das Advertising über diesen Kanal revolutioniert. Mit der Virtual LED-Technologie kann die Botschaft der Bande auf die Zuschauergruppen weltweit zugeschnitten werden. Mit diesem Fortschritt, 360-Grad Screens und weiteren Entwicklungen bietet die Stadionwerbung künftig lukrative Möglichkeiten, die mit Digitalisierung und Globalisierung auf dem Werbemarkt Hand in Hand gehen. Und so werden womöglich Stadien weltweit für international ausgerichtete Werbetreibende zu potentiellen Werbeplattformen.

Die Bandenwerbung: Traditioneller Kanal mit neuen Optionen


Statische Banden wie hier bei den Sportfreunden Lotte in Liga 3 sind bei finanzstarken Clubs passé, Screenshot YouTube, © SG Sonnenhof Großaspach

Nun hat besonders die LED-Technologie der Bandenwerbung Auftrieb verschafft. Marks bestätigt, dass Real Madrid im Estadio Santiago Bernabéu zur Saison 1994/95 als erster Club digitale LED-Banden einsetzte. Dank dieser Neuerung konnten die Werbepartner anstelle von statischen Schriftzügen innovative und auf die Markenidentität zugeschnittene Botschaften auf die Banden bringen, die die Aufmerksamkeit der Zuschauer eher gewinnen konnten.


LED Banden bei Leeds United, die künftig auch mit Virtual Hybrid-Technologie arbeiten, © Leeds United

Die Premier League hatte erst 2006 solche LED-Banden. Auch in der Bundesliga mussten die Werbetreibenden bis zur Saison 2007/08 auf diese Option warten. Stoke City hat die Nutzung der LED-Banden 2012 sogar soweit optimiert, dass man im Britannia Stadium eine zweite Bandenreihe zu den bereits vorhandenen 220 Metern an Werbefläche hinzugefügt hat.


Zwei Reihen von Banden in Stokes Britannia Stadium, Screenshot YouTube, © Stoke City

Allerdings bieten die LED-Banden in einer global vernetzten Welt künftig noch deutlich weitreichendere Möglichkeiten.

Von Digital Billboard Replacement und Virtual Hybrid LED

Das Werbeinventar im Stadion wird für die Berichterstattung quasi digitalisiert und auf spezifische Publika zugeschnitten. Der führende Anbieter für die hierzu benötigten Technologien ist Supponor. Das Sports Media und Technologie-Unternehmen aus Großbritannien bietet etwa die virtuelle Innovation Digital Billboard Replacement als Lösung an. Bereits seit vier Jahren wird mit dieser Lösung in La Liga operiert. Dabei können differenzierte Werbebotschaften bereits für neun unterschiedliche Regionen in Feeds der Broadcaster implementiert werden. Hierzu werden die eigentlichen Werbebotschaften, die den Zuschauern innerhalb des Stadions oder bei der nationalen Übertragung erscheinen, in der Übertragung etwa nach Mexiko digital überblendet und durch einen für das spezielle Publikum dieser Übertragung relevante Werbung ersetzt. Diese Methode wird inzwischen auch in vielen anderen Ligen, so beispielsweise der Premier League angewandt.

Wie das insgesamt aussehen kann, zeigt das Video von Supponor.

Die Digital Billboard Replacement-Technologie bietet zudem Premiumpartnern die Möglichkeit, bei Kernereignissen wie Toren dank Echtzeitdaten auf die Banden in der Übertragung projiziert zu werden. Damit nicht genug: Supponor zeigt in La Liga inzwischen mit dem Virtual 3D Carpet Replacement eine weitere Lösung, die Advertisern wiederum neues Werbeinventar liefert. Mit virtualisierten 3D-Werbeteppichen, auch als Cam Carpets bekannt, geht die Stadionwerbung wahrhaft in die Augmented Reality über. So ist zwar Stihl der nationale Sponsor von La Liga und deren Werbeteppiche im Stadion bleiben für die heimischen Zuschauer am Bildschirm und im Stadion präsent. Doch für ein internationales Publikum kann der neue internationale Partner ManbetX auf den virtuellen 3D-Teppichen eingeblendet werden.


Virtualisierte 3D-Werbeteppiche bei der Übertragung in La Liga beim Spiel zwischen Atlético Madrid und dem FC Barcelona am 14. Oktober 2017: in der heimischen und der internationalen Übertragung, © Supponor

Supponor gibt selbst an, dass das Unternehmen einer Liga entsprechend der Zahl der potentiellen Werbemärkte virtuelle Ersetzungen bieten kann – und damit neue, ungeahnte Einnahme- und sogar Brandingmöglichkeiten. Das gilt natürlich genauso für die einzelnen Vereine.

Supponor, das sich im Februar mit den deutschen LED-Experten von TGI zusammengetan hat, möchte die virtuellen LED-Lösungen für Sportübertragungen weltweit vorantreiben. TGI kann dabei auch deshalb helfen, weil sie bereits Partner der UEFA, von Juventus Turin, Manchester United oder dem FC Barcelona sind.

So hat man ebenfalls in der Bundesliga die Virtual Hybrid LED-Technologie getestet. Und die DFL ließ im März verlauten, dass ab der kommenden Saison für die internationale Übertragung von Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga  virtuelle Bandenwerbung zum Einsatz kommen wird. Dazu arbeitet Supponor im deutschen Raum mit Lagardère Sports zusammen. Die Vereine werden von der DFL per Workshop gebrieft, wie sie ihre eigenen LED-Lösungen gestalten müssen, damit diese akzeptiert werden. Für eine solche Lösung wird die LED-Bandentechnologie von Anbieter ADI mit den Augmented Reality-Lösungen von Supponor kombiniert.


Der Test der DFL im Signal Iduna Park zeigt die Unterschiede, © DFL

„This feels like a real game changing moment in the way clubs, rights owners, broadcasters, media owners, such as Lagardère Sports and, of course, sponsors can drive value from their commercial rights and we’re excited to be shaping the new commercial landscape“,

meint Supponors Chief Operating Officer, Charlie Marshall, in der eigenen Pressemitteilung.

Supponor erklärt in einem Post bei Soccerex explizit, wie ihre Lösungen für die Live Sportevents funktionieren.

Weitere Beispiele für die moderne Bandenwerbung

Wie weit verbreitet die neue Form der Bandenwerbung inzwischen ist, zeigt ein Blick in Europas Top-Ligen. Die Financial Tribune berichtet von einigen Stadien in England, die mit ADIs und Supponors Technologien und Lösungen arbeiten. Vor der noch laufenden Saison wurden etwa beim FC Everton im Goodison Park oder im Selhurst Park von Crystal Palace Bandensysteme der S-Line digiBOARD-Linie von ADI installiert. Sie unterstützen die hybride Werbeausrichtung dank virtueller Optionen in der Übertragung.


Auch in England ist die digiBoard-Lösung vertreten, Quelle: Stadia Magazine

Auch Paris Saint-Germain bietet im Parc des Princes nunmehr lokalbasierte Feeds für die LED-Banden an. Davon berichtet Adrien Danjou bei DigitalSport. In einer Kooperation mit AM Sport können auch hier digitale Überblendungen eingesetzt werden, um bei internationalen Übertragungen die differenten Publika unterschiedlich anzusprechen. Beim Heimspiel gegen AS Monaco konnten Partner wie beIN Sports oder Ooredoo ihre Werbebotschaft auf Englisch, aber auch Arabisch und Bahasa (hier: Indonesisch) darstellen.


PSG mit Bandenwerbung samt digitaler Überblendung angepasster Sprachen für die originale Übertragung, die nach Indonesien und jene in die MENA-Region, Quelle: DigitalSport, Adrien Danjou

Und der Verein sieht viel Potential in dieser Art von Werbung.

„Digital Overlay will revolutionize sport marketing. It’s an answer to the growing internationalization of club’s audience. This technology allows us to improve our visibility, to offer new marketing rights to our global sponsors and to find new opportunities for brands interested in local sponsoring“,

erklärt der Executive Vice President Business Operations bei PSG, Frédéric Longuépée. Für die Marken können sich derlei neue Möglichkeiten aber genauso lohnen; vor allem wenn man bei einem so medienrelevanten Verein wie PSG wirbt. Immerhin werden die Ligaspiele des französischen Serienmeisters in 54 Länder übertragen und generieren über drei Millionen Zuschauer pro Spiel. Da wird die potentielle Sichtbarkeit einer Marke ganz neu definiert, insbesondere wenn sie immer in der richtigen Sprache dargestellt werden kann. Den Vereinen – und Ligen – selbst hilft das sicherlich bei ihren jeweiligen Internationalisierungsstrategien.

Andere Möglichkeiten, das digitale Werbeinventar auszuweiten

Als kleinen Exkurs weisen wir darauf hin, dass auch andere Optionen offen stehen, um das Werbeinventar innerhalb eines Stadions zu erweitern. Ganz besonders, wenn es im Rahmen eines Neu- oder Umbaus einer Spielstätte geschieht. So hat etwa der russische Verein FC Krasnodar in seinem 2016 eröffneten neuen Stadion einen 360-Grad Screen durch das gesamte Stadionrund einbauen lassen.

https://twitter.com/FCKrasnodar_Eng/status/791012641259057152

Auch wenn auf der Leinwand, die laut Vice Sports mehr als 5.000 Quadratmeter groß ist, nur bedingt Werbung gezeigt wird, ist sie doch ein Hinweis darauf, wie Stadionwerbung in Zukunft aussehen kann und wie Vereine noch mehr Werbeinventar schaffen können.

Im Übrigen wird das neue Stadion aufgrund zu geringen Fassungsvermögens leider nicht bei der WM als Austragungsort dabei sein.

Tendenzen bei bei den Werbepartnern

Wenn von (neuen) Werbepartnern die Rede ist, muss erwähnt werden, dass es sich hierbei auf den Fußball bezogen sehr häufig um Wettanbieter handelt. The Drum erläutert in einem Beitrag vom Beginn der laufenden Saison, dass derlei Anbieter in den vier englischen Profi-Ligen inzwischen 40 Prozent der Einkünfte aus dem Verkauf von Bandenwerbung für Vereine und Veranstalter generieren. Dazu kommen dann auch die Trikotsponsoren, die bei fast jedem zweiten Premier League-Club ein Wettanbieter sind.


Wettanbieter als Sponsoren: ManbetX als Trikotsponsor bei Crystal Palace, auf den Burnley-Trikots wirbt Dafabet; im Hintergrund auf der Bande findet sich Werbung für 138 Bet, Screenshot YouTube, © Crystal Palace

In der Bundesliga läuft nur Hertha BSC, in der 2. Bundesliga nur der MSV Duisburg mit Werbung für einen Wettanbieter auf der Brust aufs Feld. Doch auch der neue internationale Partner für La Liga, ManbetX, unterstreicht die Tendenz, dass diese Branche im Fußball viel wirbt.

Es handelt sich bei dieser Ausführung nur um eine Beobachtung, die verschiedentlich interpretiert werden kann. Trotzdem wäre es doch schön, wenn künftig, vor allem in England, wieder mehr Vielfalt beim Sponsoring auftaucht. Die Verknüpfung von Wettmarketing und Fußball ist jedoch historisch und könnte im Zuge der Digitalisierung noch enger werden.

Wie teuer sind solche Banden – und wie wird der Erfolg digitaler Werbung gemessen?

Die Vermarktung der LED-Bandensystem dürfte gerade bei Erstligavereinen recht schnell die Kosten für eine Anschaffung decken. In der Bundesliga sind seit der Saison 2016/17 alle Vereine mit einem solchen System ausgerüstet. Auch Aufstiegsaspirant Holstein Kiel hat im vergangenen Sommer nachgerüstet. Doch wie teuer sind eigentlich solche System inklusive Aufprallschutz, Transport, Steuerungssoftware usw.?

Der Sportstättenrechner gibt auf den Fußball bezogen einen Preis zwischen 650.000 und einer Million Euro an. Andere Schätzungen gehen noch höher. Allerdings müssen die Werbetreibenden für die optimale Platzierung auf den Banden auch besonders viel Geld zahlen. Die Preise variieren je nach Länge der Werbeslots und der Integration in größere Werbepakete. Dennoch müssen für effektive Werbeplätze meist tausende Euro pro Minute gezahlt werden. Beim FC Walsall in der dritten englischen Liga kosten sechs Minuten pro Spiel für eine ganze Saison jedoch nur ab 150 Pfund plus Mehrwertsteuer.

Also spielt die mediale Sichtbarkeit, auch international, eine gewichtige Rolle für den Preis, aber eben genauso die Wertigkeit der Stadionwerbung.

Wie sich der Erfolg auch digitaler Kampagnen, die mit einem Stadion oder einer Liga in Verbindung stehen, messen lässt, hängt sicher stark mit den abgesteckten Zielen zusammen. Geht es in erster Linie ums Branding oder eindeutig um Conversions? Langfristige Partnerschaften können Werbetreibenden hier womöglich in beiden Bereichen positive Ergebnisse bescheren, vielleicht sogar einen hervorgehobenen Status. Nichtsdestotrotz sollten die KPIs im Vorfeld solch kostspieliger Kampagnen vonseiten der Advertiser feststehen.

Im Falle des Brandingziels sind Praktiken wie Social und Visual Listening, gerade im Rahmen der Sportevents, wichtige Optionen, um Erfolg zu ermessen. Im Hinblick auf Conversions braucht es sicherlich konkretere Analysen anhand des Nachvollzugs der Customer Journey und weiterer Metriken, die eine Verbindung zur Werbepräsenz im Stadion oder bei Übertragungen erlauben. Eine Möglichkeit, wie die Performance außerdem geprüft werden kann, bietet die Plattform für die Einschätzung und Analyse von Sponsorships, Hookit, die gerade eine Kooperation mit Kantar Media eingegangen ist, einem Unternehmen, das datengestützt die Medienbeobachtung und -analyse betreibt. SportsSpro berichtet von der Zusammenarbeit und Scott Tilton, Chief Executive bei Hookit, wird dort mit dem Versprechen zitiert:

„Through our partnership, clients can track their sponsorship ROI through social, digital, and traditional media with real intelligence to influence their objectives“.

Durch diese und andere Plattformen ihrer Art können die Erfolgswerte der Werbung im Fußball genauer gemessen werden. Damit wird die Stadionwerbung in ihren modernen und innovativen Ausprägungen zu einem komplexeren, aber auch lukrativeren Geschäftsfeld für Vereine, Veranstalter und Werbetreibende. Darüber hinaus profitieren künftig auch Technologie- und Analyseanbieter von solchen Entwicklungen.

Letztlich ist die Stadionwerbung in einem sehr technologiebasierten, digitalen Zeitalter angekommen. Doch bei dem raschen Fortschritt desselben sind noch weiter optimierte Optionen für das Werbeinventar vorstellbar. So sind personalisierte Anzeigen als virtuelle Überblendung für gezielt angesprochene Zuschauer oder Zuschauergruppen ebenfalls vorstellbar; vor allem, sofern die Rezeption über Online Streamingdienste zunimmt. Hier könnten Unternehmen mit begrenzten Angeboten, etwa einem Rabatt nur während der 90 Minuten des Spiels, direkt auf Conversions über digitale Kanäle abzielen. Eine ähnliche Alternative nennt auch Paul Marks in seinem Post, wobei er glaubt, dass gerade bei der mobilen Ansicht von Spielen auch interaktive und klickbare virtuelle Banden bald zum Bild dazugehören könnten. Diese Aussichten mögen auf manche Fans beunruhigend wirken, sind aus wirtschaftlicher Sicht allerdings von größtem Interesse. Sie zeigen ebenfalls, dass digitales Marketing, auch unter Mithilfe von Augmented Reality, immer stärker mit dem Fußball und seiner Darstellung verwoben wird. Wer in diesen Bereichen innovative Lösungen liefern kann, wird im medienwirksamen und finanzstarken Sportsegment Fußball mitverdienen können. Vereine und Werbepartner können gleichermaßen profitieren, wenn die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung geschaffen sind.

Der Schritt zur virtuellen Bandenwerbung ist nur der nächste. Und bislang zieht der Fußballmarkt bei derlei Entwicklungen immer mit. Im Hinblick auf den übernächsten Schritt aber können Unternehmen, Advertiser und Vereine sich schon heute Wettbewerbsvorteile verschaffen. Denn das Potential der Stadionwerbung und seiner digitalen Ausprägung erschöpft sich kaum in der Globalisierung von Werbebotschaften.

 

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