In der Premier League klafft zwischen dem Überfliegerteam und Champions-League-Sieger FC Liverpool und Rekordmeister Manchester United derzeit eine große Kluft. Die Reds sind auf dem besten Weg ihren ersten Meistertiel nach 30 Jahren einzufahren, während United noch von vergangenen Erfolgen zehrt.
Doch abseits des Platzes sind beide Clubs ähnliche Schwergewichte. Liverpool entwickelt auch dank des jüngsten Erfolgs und der Aura von Jürgen Klopp ein Brand Image, das sich auf vielen Ebenen bezahlt macht. Man United zählt seit jeher zu den größten Marken im Fußball. Nun haben beide Vereine im Kampf um die digitale Vorherrschaft Neuland betreten. Der FC Liverpool ist der erste Club, der bei YouTube eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für Fans anbietet – und exklusive Inhalte verspricht. United expandiert mit dem eigenen Content zur gleichen Zeit in Asien und erhält auf Alibabas riesiger Videoplattform Youku einen eigenen Kanal.
Das Duell im Videobereich: Popularität in Social Media stärken
Liverpool und Manchester United sind die beiden erfolgreichsten englischen Vereine; und aufgrund der Popularität der Premier League auch weltweit extrem beliebt. Diesen Status wollen Vereine heutzutage digital festigen, indem den Social-Media-Nutzern, die immerzu neuen Content erwarten, möglichst viele Inhalte geliefert werden.
Gerade im Video-Bereich funktioniert das sehr gut. Bei YouTube finden Fans inzwischen oft schon wenige Stunden nach Abpfiff Highlight-Videos von Spielen aus der Premier League oder anderen Wettbewerben. Und die Vereine legen auf ihren eignen Channels mit diversen Clips nach.
Bei YouTube sind Man United und Liverpool sehr populär. United hatte als erster Premier-League-Verein einen eigenen Channel und inzwischen 2,3 Millionen Follower. Liverpool hingegen hat sogar schon knapp 3,5 Millionen Follower. Und ist laut SportsPro Media der Verein, der mit seinem Channel auf der Plattform am meisten Geld einnimmt: Über 660.000 US-Dollar pro Monat, wie eine Studie von Livefootballtickets.com aus dem Oktober zeigt. Zum Vergleich: Der FC Barcelona, der mit über acht Millionen YouTube-Followern besticht, soll demnach nur etwas mehr als 400.000 US-Dollar monatlich über YouTube generieren.
Um diesen Status der Popularität und Wirtschaftlichkeit bei einem der für den Fußball wichtigsten sozialen Medien aufrechtzuerhalten, geht der FC Liverpool nun ganz neue Wege.
Bezahlmodell der Reds auf YouTube
Wie der Verein jüngst bekanntgab, wird es für Fans bei YouTube eine Mitgliedschaft geben, die diesen exklusive Inhalte bereitstellt. Dabei sollen auf dem besonderen Bezahlkanal neue Features und Formate zu sehen sein, während die Fans zugleich Badges und Emojis des Vereins nutzen können, um bei YouTube ihre Liebe zu Verein auszudrücken. Wöchentliche Shows oder Live-Reaktionen zu den Spielen erwarten jene, die für den Content zu zahlen bereit sind.
Fans können entweder ein Basispaket für 99 Cent pro Monat erhalten oder für 2,99 Euro alle Inhalte sehen und nutzen.
Drew Crisp, Senior Vice President im Bereich Digital, Media und Marketing beim FC Liverpool erklärt:
YouTube is the biggest global online video community and is an incredibly important channel for us, as we find that a large percentage of our social followers interact with us here on this platform. We understand just how important content like this is to our supporters to help them relive their favourite moments and get closer to their team wherever they live in the world. With the YouTube Memberships launch, we are giving fans a more flexible opportunity to access premium content, while also helping us to serve them our award-winning videos on the platform they love.
Der FC Liverpool ist der erste Sportclub überhaupt, der diese Membership-Option bei YouTube für sich nutzt. Damit wird der Verein seine digitale Internationalisierungsstrategie stärken und ausbauen. In der Form, in der das Team von Jürgen Klopp ist, dürfte die Nachfrage nach den Inhalten weltweit weiterhin groß sein.
Zusätzlich zur Markenbildung wird sich der Verein aber auch ordentliche Zusatzeinnahmen erhoffen. Nach Angaben von YouTube erhalten die Creator bei Membership-Kanälen 70 Prozent der Einnahmen. Wenn der Club also nur gut zehn Prozent der Kanal-Follower (350.000) zur Mitgliedschaft bewegt, die im Schnitt dann bei knapp zwei Eurp pro Monat an Kosten liegt, würden 700.000 Euro pro Monat verdient, von denen dem Verein dann fast 500.000 Euro bleiben würden. Diese Einnahmen sind im Vergleich mit den hohen Spielergehältern kaum der Rede wert. Aber sie würden dafür sorgen, dass die Digitalstrategie weiter optimiert werden kann; was dann wiederum für die Markenbindung auf der ganzen Welt von Belang ist. Und die trägt bekanntlich auch zum Verkauf von Trikots, Tickets und Co. bei.
Man United setzt auf die Fans in Asien
Auch Liverpools Erzrivale Manchester United hat kürzlich Neuigkeiten zur eigenen Strategie im digitalen Videobereich bekanntgegeben. Der englische Rekordmeister hat eine exklusive Partnerschaft mit dem chinesischen Megaunternehmen Alibaba verkündet.
In Asien ist United schon seit vielen Jahren extrem populär. Publikumsliebling David Beckham, der in Japan und Südkorea bei der WM 2002 die Fans verzückte, dürfte seinen Teil dazu beigetragen haben. Verschiedene Touren nach Fernost und die starke Karriere von Park Ji-Sung, der als erster Asiat im Champions-League-Finale in der Startelf stand, haben ihr Übriges getan.
Der Bezug besonders zu China ist klar zu erkennen. Die Financial Times berichtete Anfang des Jahres, dass die Red Devils bis 2020 drei Experience Center in China eröffnen werden. Restaurants und Fanshops sollen Fans den Spieltag im Old Trafford nahebringen und die Geschichte des Clubs vermittel. Außerdem sollen sie Geld einnehmen. Zuletzt waren auch Gerüchte aufgekommen, dass das milliardenschwere chinesische Unternehmen Haier neuer Hauptsponsor bei Manchester United werden könnte; für eine Rekordsumme im United-Kontext. Allerdings dementierte das Unternehmen kürzlich – was auf lange Sicht nichts ausschließt. Uniteds Börsenkurs erlebte während der Berichte sogar ein ungeahntes Hoch.
Mit der Partnerschaft mit Alibaba versucht United die über 700 Millionen Kunden des Unternehmens in Asien zu erreichen. Teil des Deals ist ein exklusiver Zugriff für die Fans auf ausgewählte Live-Spiele, Highlights und extra für den asiatischen Markt produzierte Inhalte. Dazu wird es einen First-of-its-Kind-Kanal für Man United auf Youku, der Videoplattform der Alibaba Group mit 500 Millionen monatlich aktiven Nutzern, geben.
Spiele des ersten Teams werden dort On-Demand verfügbar sein, während die Partien der Jugendmannschaften und der Frauenmannschaft alle ausgestrahlt werden.
Auf Tmall, einem B2C-Marktplatz der Alibaba Group, wird zusätzlich ein United-Fanshop eingerichtet. Er soll als offizieller Shop für Man United-Merchandise in China fungieren. Manchester United Group Managing Director Richard Arnold sagt:
We’re proud of our passionate and loyal following around the world and our Chinese fans are a huge part of that. We are always looking for new ways to engage with fans there and this partnership with Alibaba enables them to connect with the club directly through one of China’s most popular video streaming platforms. We’re looking forward to working with Alibaba to further grow our fan base in China and building on other areas of the partnership in the near future.
Gelingt es United, in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt das eigene Profil zu stärken und weitere – zahlende – Fans zu gewinnen, sollten die Einnahmen, die sich aus Verkäufen und Abos über die Plattformen von Alibaba ergeben, schnell in die Millionen gehen. Das ist wirtschaftlich ein guter Schachzug; in diesem Bereich ist United seit Jahrzehnten extrem stark.
Allerdings ist der Faktor der Markenbindung ebenso wichtig, da der Club seit Jahren dem eigenen Anspruch hinterherläuft. Hier wird der große Unterschied zum FC Liverpool deutlich. Der Club hat aufgrund seines aktuellen Erfolgs in Sachen Trikotverkäufe den Rivalen aus Manchester abgehängt, ist bei YouTube populärer und kann vielmehr diesen unmittelbaren Erfolg vermarkten als die glorreichen letzten Jahre. Doch beides funktioniert.
Und mit Plattformen wie Youku oder YouTube, die Abo-Modelle anbieten, können Vereine ihre Popularität mit entsprechenden digitalen Content-Angeboten künftig monetarisieren und zur Fan-Bindung nutzen. Es geht um Geld; und es geht um Views. Denn die Sichtbarkeit im Digitalraum ist schließlich für potentielle neue Partner extrem relevant. Nike zum Beispiel, der kommende neue Ausrüster des FC Liverpool, soll dem Verein kolportierte 80 Millionen Euro pro Saison zahlen. Und die Gerüchte um Haier hatten eine ähnliche Summe für ein Sponsoring der Red Devils in den Raum gestellt. Es geht also um mehr als den Klick eines Fans bei YouTube oder Youku. Aber in der Summe sind all diese Klicks und das Engagement in Social Media so viel mehr wert.