Ist Kryptowährung die neue Strategie im digitalen Fußballbusiness?

Der absolute Hype um die Krytowährung Bitcoin ist inzwischen vorüber. Doch die Zahlungssysteme finden zusehends mehr Anwendungsmöglichkeiten – auch im Fußballbusiness. In den letzten Monaten häuften sich die Meldungen über die Verwendung von Kryptowährungen bei Vereinen. Dabei stellt sich die Frage: wie genau könnten diese das immer stärker kommerziell und finanziell organisierte Ökosystem Fußball verändern?

Kryptowährung im Fußball: Von Gibraltar United bis hin zu Ronaldinho

Der Name Gibraltar United dürfte bei den meisten Fußballfans keine weiteren Assoziationen hervorrufen; obwohl das Team in der heimischen Liga elf Meistertitel vorzuweisen hat. Dennoch könnte dieser kleine Verein im europäischen und globalen Fußball eine Vorreiterrolle einnehmen. Denn der FC Gibraltar United zahlt seinen Spieler seit der aktuellen Saison ihr Salär in Kryptowährung aus. Der Vereinseigner Pablo Dana, so berichtet unter anderem Molly McElwee für The Guardian, ist Investor bei bei Quantocoin. Mit diesem Bankingsystem, das auf Blockchain beruht, hat der Verein eine Partnerschaft geschlossen. Im Zuge dessen werden Spieler nun per Vertrag in Kryptowährung bezahlt. Dabei erscheint Gibraltar ein geeignetes Testumfeld zu sein. Immerhin hat der kleine Staat zu Beginn des Jahres bereits Regularien für die Nutzung von Geldtransfers über Blockchain geschaffen. Zudem soll das weltweit erste von der Regierung abgesegnete Regelwerk für die sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs) folgen.

Doch nicht nur in Gibraltar hat man sich mit den Vorteilen von Kryptowährungen auseinandergesetzt. In der Türkei hat ein Amateurclub, Harunustaspor, einen Spieler für 4.500 Lira plus Bitcoin im Wert von etwa 385 Pfund verpflichtet. Damit nicht genug. Der FC Arsenal London, ungleich berühmter als Gibraltar United, hat mit CashBet einen Sponsor, der selbst eine Kryptowährung darstellt, die für das iGaming verwendet werden kann. Und Paris Saint-Germain hat erst vor Kurzem eine Partnerschaft mit Socios.com bekannt gegeben. Hieraus soll das weltweit erste Fan Token Offering (FTO) entstehen, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Vereins. Mit dieser Option können Fans dann Zugriff auf exklusive Belohnungen und Inhalte erhalten. So heißt es von Marc Armstrong, Chief Partnerships Officer bei Paris Saint Germain:

Always at the forefront of digital innovation, Paris Saint-Germain is determined to leverage the opportunities that cryptocurrency can provide. This revolutionary technology will have an important impact on the Club’s overall business strategy and the way we engage with our fanbase.

Socios-Gründer Alexandre Dreyfus bezeichnet PSG als digitalen Pionier. Und tatsächlich könnte der französische Hauptstadtclub zu den Vorreitern gehören, was Blockchain und Kryptowährungen angeht. Ronaldinho ist einer der großen Stars der Branche, die sich mit der Thematik beschäftigen. Er hat direkt das Ronaldinho Soccer Coin Project ins Leben gerufen.

Die Währung kann für verschiedene Zwecke genutzt werden. Zum einen, um online Waren zu kaufen, zum anderen, um zu wetten oder digitalen VR oder AR Content zu erwerben. Auch James Rodriguez vom FC Bayern München hat mit dem JR10-Token seine eigene Kryptowährung.

Und während Quantocoin inzwischen sogar 25 Prozent der Anteile am italienischen Serie C-Club Rimini FC 1912 erworben hat – und zwar mit der eigenen Kryptowährung –, haben auch erste Premier League-Vereine einem Testlauf mit diesem Zahlungsmittel zugestimmt. The Telegraph berichtet vom Aufbau digitaler Zahlungssysteme beim FC Southamptom, Leicester City, den Tottenham Hotspur, Newcastle United, Cardiff City und Brighton and Hove Albion. Manche Experten glauben, dass schon bald sogar Transfers mit Quantocoin, Bitcoin und Co. abgewickelt werden könnten. Aber welchen Mehrwert haben solche Transaktionen eigentlich und wo liegen die Probleme?

Kryptowährungen als Regulator? Oder nur ein Experiment?

Noch ist es zu früh, um über etwaige langfristige Wirkungen und Einflüsse von Kryptowährungen auf den Fußball konkrete Aussagen zu treffen. Allerdings könnte die Einführung der Blockchain-Technologie und von Kryptowährungen entgegen der Annahme, dass diese den Finanzsektor der Fußballbranche nur noch undurchsichtiger machen würden, sogar für eine sicherere und transparentere Struktur sorgen. Denn die Blockchain, oft als Buzzword verschrieen, liefert tatsächlich für digitale Transaktionen Sicherheiten, die sich gegen Korruption, instransparente Zahlungen und dergleichen einsetzen ließen. Immerhin ist das System per se darauf ausgelegt, dass die Kette der Datensätze für alle an der Transaktion beteiligten Parteien einsehbar ist. Ein Fortschreiben, eine Veränderung oder die Akzeptanz der Transaktion erfolgt nur über einen Konsens. Ein weiterer Vorteil ist die erhöhte Sicherheit. Erst bei einem Einverständnis der Parteien werden die Transaktionen aufgezeichnet. Dabei werden sie in der Folge verschlüsselt und an vorherige Transaktionen gekoppelt. Zudem wird die Kette nicht nur auf einem Server, sondern in einem Netzwerk von Geräten gespeichert; so wird ein Zugriff für Hacker erschwert.

Vereine könnten Kryptowährungen auf dieser Basis also nutzen, um bei Überweisungen von Transfersummen oder Zahlungen an Agenten Transparenz zu schaffen. Ungelistete Zahlungen würden demnach schwieriger zu verschleiern sein. Außerdem haben Transaktionen mit Kryptowährungen noch den positiven Effekt, dass sie quasi unmittelbar vonstatten gehen; was gerade bei Last Minute-Transfers von Vorteil sein könnte. Darüber hinaus sind sie steuerlich günstiger und erfordern häufig keine zusätzlichen Gebühren. Mit solchen Systemen könnte sich der Fußball also in den kommenden Jahren anfreunden. Denn auch die kleinere Clubs haben so Chancen, um digital mit ihren Fans zu interagieren und bestimmte an die Kryptowährung gebundene Angebote zur Verfügung zu stellen. Gerade bei Globalisierungsstrategien mögen solche Transaktionskonzepte lukrativ sein.

Allerdings ist es gerade für die kleineren Vereine ebenso riskant, sich voll auf die Kryptowährung einzulassen. Denn ihre gesamtgesellschaftliche Akzeptanz und Stabilität kann noch nicht gewährleistet werden. Facebook und Twitter haben in diesem Jahr beispielsweise die Werbung für Bitcoin und Co. verbannt. Zudem kann der Wert einer Währung stark variieren. Das bedeutet, dass die derzeit schon etwas willkürlich anmutenden Transfersummen bei einer Fokussierung auf Kryptowährungen noch einmal an Unbeständigkeit gewinnen könnten. In solch einem Fall würde der Transfermarkt noch deutlich mehr an die Börse erinnern – und die Fans womöglich eher abschrecken und kopfschütteln machen als für eine transparente und sichere Zahlungseinheit zu begeistern.

Daher braucht es in Anbetracht der Entwicklung von Systemen, die auf Blockchain basieren und den Handel mit Kryptowährungen ermöglichen, klare Regularien. Diese sollten etwa von der Bundesseite kommen, bezogen auf den Fußball sollte hierbei aber auch die UEFA eintreten. Immerhin hat dieser Verband für das UEFA Super Cup-Finale 2018 bereits eine Testphase für Blockchain-basiertes Ticketing durchlaufen.

Die UEFA nutzte Blockchain für Ticketing, © UEFA

Im Rahmen des Finacial Fair Play, ausufernden Gehältern und Transfersummen sollten  die UEFA und die einzelnen Ligaverbände mittelfristig über Grenzen – wie Salary Caps – nachdenken, die als transparenter Orientierungspunkt fungieren. Mit dem zunehmenden Einbezug von Kryptowährungen sollte ebenfalls beachtet werden, wie hierüber Finanzströme verwaltet werden. Ansonsten droht das Ökosystem im Geschäftsbereich weiter an Integrität zu verlieren. Nichtsdestotrotz bieten die Blockchain-Technologie und die Transaktionsoptionen mit Kryptowährungen ein großes Potential für die einzelnen Vereine, Spieler und den Fußball insgesamt. Das zeigen die erwähnten Beispiele. Denn die Digitalisierung macht vor dem Fußball ebensowenig Halt wie vor dessen Geschäftspraktiken.

Werden wir also zukünftig beim Marktwert eines Spielers auch seinen Gegenwert in gängigen Kryptowährungen erkennen können? Vielleicht. Wir können nur hoffen, dass er dann für den Fan ebenso skalierbar bleibt. Denn der Fußball muss in seinen Facetten für die Fans verständlich bleiben. Sonst leidet langfristig neben der Authentizität auch das Vermarktungspotential.

 

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