Am Dienstagabend kam es beim DFB-Pokal Achtelfinale zwischen Schalke 04 und Hertha BSC zu rassistischen Vorfällen. Der deutsche U21-Nationalspieler Jordan Torunarigha wurde während der Partie von den Rängen beleidigt und mit Affenlauten bedacht. Bei dem jungen Innenverteidiger flossen auf dem Spielfeld tränen, doch er spielte weiter und flog letztendlich mit Gelb-Rot vom Platz, weil er in der Verlängerung außerhalb des Spielfeldes die Fassung verlor. Hertha verlor die Partie mit 3:2. Der eigentliche Verlierer ist aber der Fußball.
Rassismus ein globales Problem des Fußballs
Das Thema Rassismus steht im Fußball leider auf der Tagesordnung. Ob in Italien, Bulgarien, England oder eben hier in Deutschland. Überall beklagen sich Fußballprofis über rassistische Vorfälle, die von der Tribüne ausgehen. Vereine und Verbände distanzieren sich immer wieder geschlossen von derartigen Vorkommnissen, doch sie bekommen das Problem nicht in den Griff. Im Gegenteil, es wird immer größer. Bereits im letzten Jahr berichteten wir in Rassismus existiert, auch im Fußball! über diese Problematik.
Damals hatten bulgarische Neo-Nazis das EM-Qualifikationsspiel zwischen Bulgarien und England überschattet, indem sie neben rassistischen Gesängen auch offen den Hitlergruß zeigten. Kurz vor Weihnachten kam es in England für einen anderen deutschen Innenverteidiger ebenfalls zu unschönen Szenen. Antonio Rüdiger vom FC Chelsea wurde im London Derby gegen die Tottenham Hotspur rassistisch beleidigt. Der Schiedsrichter der Partie sorgte dafür, dass der Stadionsprecher mehrere Durchsagen machte. Zu einem Spielabbruch kam es indes nicht.
In Italien ist Rassismus von den Rängen ein noch viel größeres Problem, als beispielsweise in England. Regelmäßig haben dort Schwarze Fußballer mit Beleidigungen zu kämpfen. Der italienische Verband versuchte zuletzt durch eine Anti-Rassismus-Kampagne der Lage Herr zu werden, doch scheiterte schon im Ansatz. Die Kampagne fußte auf einer künstlerischen Darstellung von drei Affen, die laut dem Künstler zeigen sollten, dass alle Menschen Affen seien. Das mediale Echo war enorm und mehrere Serie A Vereine distanzierten sich deutlich von der Kampagne. So sorgte die Kampagne letztendlich für einen enormen Image-Schaden des italienischen Fußballverbandes, aber half keinesfalls den Rassismus zu bekämpfen.
Ausgerechnet Schalke
Der Vorfall auf Schalke ist auch für die deutsche Fußballlandschaft nicht die erste Berührung mit diesem Thema. Beim FC Chemnitz zum Beispiel gedachten die “Fans” einem verstorbenen Anhänger des Vereins, der offener Neo-Nazi war. Wenige Monate später wurde der Kapitän des Drittligisten suspendiert, da dieser sich mehrfach inmitten dieser rechtsextremen Fanszene aufhielt. Einen weiteren riesigen Rassismus-Skandal hatte vor kurzem ausgerechnet der FC Schalke 04. Der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies traf bei einer öffentlichen Rede eine rassistische Aussage.
Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.
Clemens Tönnies
Es folgte ein Aufschrei der deutschen Medienlandschaft. Doch Clemens Tönnies ist noch immer im Amt. Er legte seine Ämter für drei Monate nieder und kam wieder zurück. Er tat nicht so, als wäre nichts gewesen. Tönnies engagiert sich seither viel stärker für Anti-Rassismus-Kampagnen und beteuerte immer wieder, dass die Aussage ein Fehler war. Alles schön und gut, aber wer kauft ihm das jetzt noch ab?
Keine Glaubwürdigkeit mit Tönnies an der Spitze
Jetzt fällt den Schalkern ihre Inkonsequenz vergangener Tage auf die Füße. Nach dem Vorfall am Dienstagabend versicherte der Verein derartige Vorkommnisse nicht zu tolerieren und hart dagegen vorzugehen. Ein hartes Vorgehen wäre gegen Tönnies angebracht gewesen. Jetzt kann niemand derartigen Aussagen des Vereins noch Glauben schenken. Nachdem Tönnies nicht die Würde hatte, selbst seine Hut zu nehmen, hätte der Verein durchgreifen müssen. Stattdessen sendete man ein komplett falsches Signal.
Ich hätte von einem erfolgreichen Geschäftsmann und intelligenten Manager wie Tönnies erwartet, dass er so smart gewesen wäre, für sich die persönlichen Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten.
Peter Fischer Präsident von Eintracht Frankfurt
Wenn der Schalker Boss sich ohne Konsequenzen in der Öffentlichkeit rassistisch äußern darf, warum sollten es ihm seine Anhänger nicht nachtun? Schalke hat nur eine Möglichkeit, seine Glaubwürdigkeit ansatzweise wieder zu erlangen und die besteht darin, das unrühmliche Kapitel Clemens Tönnies endlich zu schließen. Dadurch wäre der Rassismus keineswegs besiegt, aber man könnte Schalke wieder besser abkaufen, dagegen vorzugehen.
Die Abhängigkeit des Vereins von Tönnies ist offensichtlich. Ohne den Unternehmer wäre Hauptsponsor Gazprom höchstwahrscheinlich nicht an Bord und der FC Schalke würde nicht dort stehen, wo er momentan steht. Doch kann finanzielle Abhängigkeit nicht die ethischen Werte eines Fußballvereins in den Schatten stellen. Der Fußball muss endlich anfangen, deutliche Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Die deutlich mehrheitliche Meinung zu diesem Thema ist klar: Rassismus darf keinen Platz haben. Trotzdem häufen sich Vorfälle dieser Art.
Alle zusammen gegen Rassismus
Nicht nur Verbände und Vereine sind in der Pflicht, sondern auch die Fans selber. Wenn rassistische Gesänge von den Tribünen zu hören sind, müssen andere Fans deutlich machen, dass so etwas nicht toleriert wird. Außerdem müssen die Täter zwingend zur Anzeige gebracht und dann durch den Verein mit einem lebenslangen Stadionverbot belegt werden. Auch die ironischer Weise momentan laufende Anti-Rassismus-Woche des FC Schalke ist ein guter Ansatz. Verbände, Vereine und Fans müssen zusammen Rassismus präventiv bekämpfen und Vorfälle im Keim ersticken.
Abseits vom Fußball ist es in Thüringen nun zur ersten Wahl eines Ministerpräsidenten durch Stimmen der AfD gekommen. Eine Partei, die den Alltagsrassismus vorlebt. Derartige Entwicklungen müssen Sorge bereiten. Denn es können noch so viele Stadiondurchsagen getätigt, Fußballspiele unterbrochen und Aufsichtsratsvorsitzende beurlaubt werden, wenn Rassismus in der politischen Regierungsarbeit wieder geduldet wird, sind die Probleme viel weitreichender, als nur im Fußball.