Täglich grüßt das Murmeltier – und schon wieder eine Handball EM

Schon wieder Handball EM, war das nicht letztes Jahr erst? Das ist eine berechtigte Frage bei der Taktung, in der die Handballer ihre Turniere bestreiten.

Während auf der Insel mal wieder die Rufe der Trainer laut werden, dass ihre Mannschaften einfach zu viel Fußball spielen müssen, finden sich die deutschen Handballer beim dritten Großturnier in den vergangen drei Jahren wieder. EM 2018, WM 2019, EM 2020 und im Sommer dann Olympia 2020. Die Belastung im Profihandball ist noch weiter übersteigert als im Fußball und die diesjährige EM weist noch weitere Parallelen zum Fußball auf.

Viele Mannschaften nicht gleich viel Spannung

Erstmals nehmen in diesem Jahr 24 Mannschaften an der Europameisterschaft teil. Beim letzten Turnier waren es noch 16 und bis 2000 waren es sogar nur 12. Es ist klar, dass die vermeintlich kleinen Handballnationen immer besser werden, aber muss es wirklich 24 Teilnehmer geben, wenn dem Verband doch nur 52 Nationen angehören? Auf diese Weise soll die Handballbegeisterung in den neuen Teilnehmerländern gesteigert werden. Doch durch die Fußball EM 2016 hat man gesehen, wie die unmittelbare sportliche Folge der Vergrößerung aussehen kann.

Im Fußball waren vor allem in der Vorrunde zahlreiche Abwehrschlachten zu beobachten. Die Außenseiter versuchten so den dritten Platz in der Gruppe zu sichern, der ausreichen konnte, um weiterzukommen. Bei der Handball EM kommen nur die beiden Gruppenersten weiter. Trotzdem gab es einige Spiele, in denen der Favorit ohne große Problem den Sieg einfährt. Im ersten Gruppenspiel zeigte Deutschland beispielsweise keine überragende Leistung und besiegte die Niederlande deutlich mit 34:23. Problematisch ist das, weil klare Spielausgänge der Sportart ihre größte Stärke nehmen – die Spannung.

Heute hier, morgen dort

Ein weitere Ähnlichkeit zwischen der Handball EM 2020 und der bevorstehenden Fußball EM 2020 ist der Austragungsort oder besser gesagt die Austragungsorte. Die Fußball EM findet bekanntermaßen erstmals in 12 Ländern in ganz Europa statt. Die Handballer beschränken sich zwar auf drei Austräger, aber diese scheinen trotzdem etwas ungewöhnlich. Wenn mehrere Länder ein Turnier gemeinsam austragen, handelt es sich zumeist um Nachbarländer. Die Handball EM 2020 findet aber in Schweden, Norwegen und Österreich statt.

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Diese Kombination kam zustande, weil die drei Länder alleine mit ihrer Bewerbung wenig Erfolgschancen sahen und sich deshalb zusammentaten. Die Ticketverkäufe geben den Veranstaltern Recht. Die Spiele der Vorrunde sind an allen Standorten ausverkauft. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Aufteilung sei dennoch erlaubt. Nicht nur, dass die Mannschaften in Zeiten des Bewusstseins über den Klimawandel tausende Kilometer im Flugzeug zurücklegen. Auch die Strapazen für die Spieler werden unnötig erhöht.

Die deutsche Nationalmannschaft müsste im besten Falle ihre Vorrundenspiele in Norwegen, die Hauptrunde in Österreich und die Halbfinals und das Finale in Schweden bestreiten. Mit kaum Ruhetagen dazwischen käme die Mannschaft auf neun Spiele in 18 Tagen – und in drei Ländern. Der Kieler Kreisläufer Patrick Wiencek beschreibt die Situation so:

Irgendwie fühlt es sich so an, dass wir quer durch Europa fliegen und zwischendurch ein bisschen Handball spielen.

Patrick Wincek

Don’t play the players

Die Beweggründe der Funktionäre, die zur Aufblähung des Turniers führten sind klar – mehr Geld und neue Märkte. Dass die Spieler die Entwicklungen zu großen Teilen kritisch beäugen, scheint indes nicht ernst genommen zu werden. Unter dem Hashtag #Don’tPlayThePlayers starteten sie einen Aufruf an die Verantwortlichen mit dem Ziel, ein Umdenken zu bewirken und die Überbelastung, die seit Jahren in ihrer Sportart herrscht, zu stoppen. Offensichtlich ohne Erfolg.

Der deutsche Bundestrainer Christian Prokop muss auch in diesem Turnier wieder auf viele Stammspieler verletzungsbedingt verzichten. Die Sportart Handball bietet immer schon beste Voraussetzungen, um sich zu verletzen. Doch bei 40 Spielen in einem halben Jahr steigt dieses Risiko nochmal immens an. Wenn dazu dann noch unzureichende Regenerationsphasen und ständiges Spielen auf Schmerzmitteln kommt, haben Profihandballer in Zukunft keine lange Halbwertszeit.

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Auch hier ist eine Parallele zum Fußball zu erkennen, die wir im Artikel Zum Auskurieren bleibt keine Zeit – morgen bist du spielbereit! beleuchtet haben. In beiden Sportarten versuchen die Verantwortlichen stets den maximalen Gewinn zu erzielen. Dabei bleiben immer häufiger die Befindlichkeiten der Spieler auf der Strecke. Da die Begeisterung der Fans aber weiterhin ungebrochen ist, wird sich in naher Zukunft wahrscheinlich nichts an der Situation verändern. Zum Leidwesen der Spieler.

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