Man findet nur wenige Fußballfans in Deutschland, die den Sport Club aus Freiburg nicht mögen. Ein Verein, der es wie kein anderer schaft, eine familiäre Geborgenheit auszustrahlen, im sonst so schnelllebigen Fußballgeschäft. Unter Trainer Christian Streich hat es der Club zudem geschafft sich in der Bundesliga zu etablieren. Zwar musste man die Saison 2015/2016 für ein Jahr mit der zweiten Liga vorlieb nehmen, aber selbst diese für andere Vereine existenzbedrohende Erfahrung konnte in Freiburg niemanden ernsthaft schocken. Es ging direkt wieder hoch in die Erstklassigkeit und diese Saison steht man bisher sogar im oberen Tabellenmittelfeld.
Schwarzwaldstadion hat ausgedient
Neben den sportlichen Erfolgen macht der SC momentan mit einem neuen Stadion auf sich aufmerksam. Das 1954 eröffnete Schwarzwaldstadion (damals Dreisamstadion) hat nach dieser Saison ausgedient. Das neue SC-Stadion, das ca. 76,5 Mio. Euro kosten soll, fasst 35.000 Zuschauer und damit 11.000 mehr als das Alte. Der Verein möchte mit dem Stadion eine moderne Heimspielstätte schaffen, die trotzdem an die Wurzeln des Vereins erinnert. Der Slogan lautet “Funktional, nachhaltig, kreativ und wirtschaftlich”.
Gerade die Nachhaltigkeit ist in diesen Tage ein Thema, mit dem sich vermehrt auch Fußballvereine beschäftigen, wie die neue Klima Arena der TSG Hoffenheim zeigt. Das Stadion soll durch die Abwärme der Firma Solvay/Rhodia seinen kompletten Bedarf decken. So soll ein Klimaneutrales Stadion entstehen, das durch Solaranlagen auf dem Dach mit Strom versorgt wird.
Für einige Schlagzeilen sorgte der Bau im Herbst 2019, als eine Klage gegen das Stadion aufgrund zu hoher Lärmbelästigung Recht bekam. Diese Entscheidung bedeutete, dass im neuen Stadion keine Spiele nach 20 Uhr ausgetragen werden dürften und auch am Sonntag nicht zwischen 13 und 15 Uhr. Einschränkungen dieser Art wären kaum tragbar für den Verein, aber das Urteil wurde auf der Grundlage veralteter Lärmschutzverordnungen gefällt, weshalb der SC davon ausgeht, dass in Zukunft doch keine Einschränkungen bestehen werden.
Freiburgsche Ruhe und Gelassenheit auf höchster Ebene des DFB
Ein Mann, der bei der Entwicklung des Vereins in den letzten Jahre eine entscheidende Rolle spielte ist Fritz Keller. Der langjährige Präsident leistet so beeindruckende Arbeit, dass der DFB ihm sogar zutraut, das Image des größten Sportverbandes der Welt wieder aufzubessern. Im September 2019 wurde der Unternehmer zum neuen DFB Präsidenten gewählt, nachdem Reinhard Grindel nach diversen Affären und Skandalen zurückgetreten war. Fritz Keller soll als neuer Kapitän das angeschlagene Schiff retten. Er hat beim SC Freiburg bewiesen, dass er ein Mann für langfristige, positive Entwicklungen ist.
Bereits 1994 begann er als Marketingvorstand bei den Breisgauern. Im Jahr 2010 wurde er zum ersten Vorsitzenden gewählt, dessen Position 2014 in den Präsidenten umgewandelt wurde. In seiner Amtszeit als Präsident hatte der Verein gerade einmal drei Trainer. Seit dem 29.11.2011 sogar nur einen einzigen – Christian Streich. Streich ist einer der Hauptgründe für die Freiburger Sympathie in der gesamten Republik. Kein anderer Trainer ist derart bodenständig und authentisch wie der Südbadener.
Langfristige Personalentscheidungen auf allen Ebenen
Doch nicht nur auf dem Cheftrainerposten, sondern in allen Arbeitsbereichen handelt der SC extrem nachhaltig und langfristig. Der Co-Trainer, mit der kürzesten Amtszeit ist bereits 2017 zum Verein gestoßen. Die beiden einflussreichsten Personen, der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich Breit und der Finanzvorstand Olliver Leki, sind seit 2014 im Amt. Und auch die weniger entscheidende Position des Busfahrers ist seit 1994 nicht neu besetzt worden. Wer beim SC einen Vertrag unterschreibt, erfüllt diesen in der Regel nicht nur, sondern verlängert ihn.
Auch sportlicher Hinsicht überrascht der SC Freiburg alle paar Jahre, indem der Verein weit über seinen finanziellen Möglichkeiten um die europäischen Plätze mitspielt. Zumeist werden im folgenden Sommer die Leistungsträger durch größere Vereine abgekauft, wie es mit Vincenzo Grifo oder Maximilian Philipp geschah, wodurch die darauffolgende Saison umso schwieriger wird. Auch in diesem Winter gab es ernsthafte Gerüchte, dass der Leistungsträger und Nationalspieler Robin Koch zu RB Liepzig wechselt, doch aufgrund mangelnder Alternativen wurde der Wechsel vertagt.
Vergleichbare Entwicklungen in Bremen
Es wäre müßig darauf hinzuweisen, dass andere Vereine, die wesentlich mehr Geld zur Verfügung haben, sich ein Vorbild am SC nehmen sollten. Ein Verein, der momentan einen ähnlichen Weg einschlägt, wie die Freiburger, ist der SV Werder Bremen. Ehemalige Spieler sind in führenden Positionen beschäftigt und versuchen mit geringen finanziellen Mitteln, möglichst anhaltend gute Arbeit zu leisten.
Nach dem Verlust von Kapitän Max Kruse steckt Bremen in einer Handfesten Krise, doch hat bisher nicht die Nerven verloren. Während die meisten Vereine in der Bremer Situation längst den Trainer gefeuert hätten – oder haben, wie Düsseldorf, Mainz oder Köln – hält man bei den Hanseaten an Florian Kohefeldt fest und versichert sogar, dass man mit dem Trainer in die zweite Liga gehen würde. Diese Alternative wünscht sich natürlich niemand in Bremen, aber es erinnert stark an den SC Freiburg.
Auch die Breisgauer entschieden sich, trotz des Abstiegs an ihrem Trainer festzuhalten. Wenn man sich die vergangen Jahre anschaut, stellt sich sowieso die Frage, wie sinnvoll eine Trainerentlassung im Abstiegskampf überhaupt ist. Stuttgart, Hannover und Nürnberg entließen alle ihre Trainer und stiegen letztendlich trotzdem ab. Es bedarf sehr viel Vertrauen in die Fähigkeiten des Trainers, um in einer solchen Situation an ihm festzuhalten, aber Freiburg beweist, dass es sich lohnt.