Die Spielmacher Konferenz lockte in diesem Jahr tausend Besucher, über 40 Speaker und dabei zahlreiche Experten der Digital- und Fußballbranche nach Hamburg. Vom Kicker über Transfermarkt.de bis hin zu Copa90 waren namhafte Publisher und Plattformen vor Ort, während sich sowohl die FIFA als auch der DFB die Ehre gaben. SAP, die Perform Group und NielsenSports trafen auf Adidas, Octagon, infront oder DAZN. Und damit nicht genug: neben Vertretern aus LaLiga, vom FC Bayern München oder dem BVB kamen Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic, der Chefanalyst des HSV, Johannes Spors, und Ben Ladkin, seines Zeichens General Manager der Arsenal London Media Group ins neue Cruise Center in der Hafencity. Im Kontext des Zusammenspiels von Innovation und traditionellen Strukturen war die Location an der Elbe wie geschaffen für das Event.
Bei lockerer Atmosphäre wurden faszinierendes Know-how geteilt und Insights zu Innovationen und Digitalisierungsprozessen im Fußball und Fußballmarketing diskutiert. Im Zentrum der Veranstaltung standen vor allem die Fragen: wie können Vereine und Marken mit den (mobil) vernetzten Fans optimal interagieren und wie wird die Digitalisierung unseren geliebten, aber traditionsreichen Sport verändern? Welche Chancen birgt eSports und werden die Stars künftig deutlich mehr Zugkraft als Vereine haben?
Von kommerziellen Trends im Fußball und digitalem Fan Engagment
Das Cruise Center in der Hafencity besticht durch seinen authentischen Containerlook; und wurde bei der Spielmacher Konferenz 2018 passend mit hochwertigem Content bespielt. Während auf der Insight Stage im Zelt direkt an der Elbe meist explizite Cases digitaler Innovation im Verein, bei einer Plattform oder der Aufstieg von eSports diskutiert wurden, strahlte die Main Stage im Inneren einen besonderen Eventcharakter aus. Neben der Bühne, auf der eine LED-Bande die Sponsoren der Konferenz auswies, wurden die Vorträge über den Eurosport-Player auf einen Screen übertragen.
Nach der Begrüßung durch die Veranstalter Christopher und Sebastian Lemm führte Lars Stegelmann von Nielsen Sports mit seinen Insights zu kommerziellen Trends in den Morgen der Vorträge ein. Dabei sprach er von der Notwendigkeit der Rechtehalter sich diverser Kanäle zu bedienen und eSports als Wachstumsfaktor nicht zu vernachlässigen. Außerdem sprach er von neuen Playern auf dem Fußballrechtemarkt: Amazon, Facebook und Twitter; wobei Tencent und YouTube TV hier als Dark Horses ins Spiel kommen könnten. Die Inhalte Stegelmanns wurden mit Zahlen belegt: 41 Prozent des Gesamtumsatzes deutscher Bundesligaclubs wird durch Sponsoring erzielt, was jedoch von den Fans kritisch beobachtet wird. Um die Verbindung zum Fan nicht zu verlieren, braucht es daher heute umso mehr die digitale Transformation, um diverse Touchpoints für diesen zu schaffen.
Als Highlight Speaker trat dann Ben Ladkin auf den Plan. Der General Manager der Arsenal London Media Group teilte wertvolle Erfahrungen zu digitalen Innovationsprozessen bei den Gunners. Unter der Prämisse: reach, engage, monetise erklärte er im Detail, wie verschiedenste internationale Social Media-Kanäle optimal bespielt werden.
„The right content, at the right time, on the right platform.“
Welche Anforderungen die Fans heutzutage überhaupt haben, zeigte in der Folge Christoph Heimes von Konferenzpartner infront auf. Ehemals bei YouTube, Miccrosoft oder auch Google tätig, wies Heimes auf die Relevanz des neuen Kundenverhaltens hin: die technologischen Anforderungen seien gewachsen. Es brauche daher auch zielgenaueres Marketing auf Basis dessen. Ein Beispiel könnten die Connected Jerseys werden – auf der Insight Stage wurde diesbezüglich von Ashkan Maleki, Senior Director Digital & Content beim FC Schalke 04, über die Integration des Connected Badge gesprochen.
In der ersten von drei Pausen konnten die zahlreichen Gäste und Speaker bei innovativen Drinks und Premium Food von der Stadionwurst bis hin zum Burrito das eigene Networking vorantreiben. Dazu konnte man sich an der Transfermarkt.de-Tribüne oder auf einen Plausch mit Mike Hanke treffen, der seine Lifestyle-Plattforme tivela vorstellte. Dazu wurde die Möglichkeit zum FIFA-Duell ebenso bereitgestellt wie das Eintauchen in den Tech-Fortschritt am Stand des Kicker.
Als Fredi Bobic dann auf der Main Stage mit Nicholas MacGowan von Holstein, dem Gründer von Match IQ, ins Gespräch zur Internationalisierung von Eintracht Frankfurt kam, war die Halle brechend voll. Im Zentrum des Gesprächs stand die USA-Tour des Vereins, die sich in den kommenden Jahren wiederholen soll. Die SGE möchte dort zu einer bekannten Marke werden und setzt auf Kooperationen mit der MLS, auf eine eigene Akademie und möchte über eine nachhaltige Strategie letztlich zu einem Player in vielen globalen Märkten werden. Dazu bedarf es auch auf einer Tour vor der Saison der Balance zwischen Trainingsrealität und Social Media-Präsenz. Über derlei Plattformen wird das Storytelling bereitgestellt, das die Brand Awareness steigern soll. Diese liegt neben der sportlichen Erfahrung im Fokus; denn Bobic bekräftigt, wie solch eine Reise wirtschaftlich eingeschätzt wird:
„Wenn wir auf null rauskommen, bin ich zufrieden.“
Eine andere wirtschaftliche, mehr noch eine Marketingperspektive lieferte Olga Gavrilenko von InBev EFES zur BUD-Kampagne bei der WM in Russland. Als offizielles Bier der WM konnte BUDWEISER letztlich mehr Social Impressions aufweisen als irgendein anderer Partner; was Gavrilenko zu der Aussage verleitete: „Budweiser has also won the World Cup!“ Erreicht wurde der Erfolg mit aggressivem Branding: vom BUD-Hotel über den BUD-Club bis hin zum BUD-Boat mit Hubschrauberlandeplatz darauf. Die Fans bei Instagram (#budboat) dankten es – und die Kampagne wurde zum Riesenerfolg.
Wie gut Marketing über Instagram funktioniert, legte auch Adidas’ Marc Makowski dar. Im Kontext des Produkts Glitch stellte sich die Marke die Frage: Was passiert, wenn die Konsumenten entscheiden? Die heute so wichtige Konsumentenzentrierung war gegeben. Adidas suchte First User und gestaltete eine App für Glitch. Durch eine enge Interaktion wurden gewissermaßen Micro Influencer geschaffen, die sich als Teil des Produkts sehen und dieses über Social Media weiter popularisieren. So wurden physische Communities auf Plattformen übertragen, was auch zu Social Credibility führt. So kann eine Marke wie Adidas selbst ohne die Superstars kundennahes Branding betreiben.
Die Superstars sind jedoch ein Thema der Konferenz gewesen; allen voran Cristiano Ronaldo. Anatol Korel, Gründer der Manager App Kickbase, verriet, dass viele Fans sich inzwischen eher für die einzelnen Spieler interessieren. Auch daher sei seine App das „Serotonin für den Fußballfan“. Und auch manchen Profi. Vor allem die Live-Daten bei Kickbase seien für viele Downloads verantwortlich.
Live Daten tragen zum Entertainment des Sports bei; gerade in digitalen Medien. James Kirkham von Copa90 sprach mit Nikolaus von Doetinchem von Lagardère Sports über die Entwicklungen im Fußballentertainment. Traditionelle Arten des Konsums sind längst aufgebrochen, verschiedene Plattformen und Inhalte sprechen Fans weltweit an. „Make the 90 minutes matter more“, rät Kirkham und verweist darauf, dass die diversen Facetten der Fußballkultur digital gelebt werden müssen. Das heißt, dass zum Beispiel Werbung einen Mehrwert für die Fans haben muss und dass Persönlichkeiten wie Zlatan oder ein Paul Pogba näher an den Fan rücken.
Wie die Fans selbst näher an das Spielgeschehen rücken, und das schon vor dem Spiel, erklärte währenddessen auf der Insight Stage Francis Casado von 3D Digital. Beim FC Barcelona half man den Fans – 60 Prozent der Besucher des Camp Nou sind übrigens Touristen – über 3D-Systeme bei der Ticketauswahl. Immerhin müssten diese Fans allein 400 Preiskategorien unterscheiden. Dank 3D Digital konnten sie die Kategorien im Stadion in 3D nachvollziehen und bei einer Entscheidung für einen Platz sogar die tatsächliche Perspektive von diesem auf das Spielfeld einnehmen. Diese Option vereinfacht das Ticketing und führt zugleich zu mehr Zustrom; auch von Eventfans.
Gleichzeitig, und das haben Marco Hagemann, bekannt als Kommentator bei DAZN, und Dirf Ifsen von der Perform Group Deutschland diskutiert, ist der Stadion-Fan gefährdet. Dafür sorgen eSports, ein immer spektakuläreres Erlebnis bei der Rezeption zuhause oder sogar der demographische Wandel. Daher müssten Fans auch über Mobile und Co. erreicht werden; allerdings mit relevanten Daten. Wenn Opta-Daten also so aufbereitet werden, dass klar wird: Cristiano Ronaldo hat in seiner Zeit bei Real Madrid mehr Tore geschossen als der HSV in der Zeit insgesamt, dann wird die Imagination der Fans aktiviert. Und diese ist letztlich für die Bindung und Monetarisierung aufrechtzuerhalten.
Zum Stichwort Monetarisierung gab Thomas H. Rudy, Investmentexperte und Gründer von WhiteRock einige Erkenntnisse zum Besten. Zum einen müsse man seine Marke an große Persönlichkeiten knüpfen, da diese immer einen starken ROI versprächen. Das zeigt sich bei der Strategie im US-Sport (LeBron James und Tom Brady wurden als Beispiele genannt). Gerade für die Bindung zu den US-Fans ist das eine wertvolle Strategie – dank Apple, Facebook und Co. könnte der europäische Fußball dort auch bald präsenter werden. Dazu warf Rudy noch die Idee von Global Games in den Raum, wie sie bei der NBA und NFL schon angekommen ist.
Im Panel mit Mark Heidenberg, CMO von Transfermarkt.de, Stephanus Tekle, Director Marketing & BD bei infront Germany und Andreas Heyden, CEO DFL Digital Sports, kam auch Rudy wieder auf die Starpolitik zurück. Da in der Bundesliga immer weniger Top Stars sind, könnte die Liga global langfristig von anderen weiter abgehängt werden.
Wie aber auch weltweit neue Stars ausfindig gemacht werden können, deutete der Chefanalyst und -scout des HSV, Johannes Spors, auf der Insight Stage an. Mit Ralf Leister von Fussballwirtschaft.de diskutierte er, wie die Kaderplanung inzwischen von der Digitalisierung mitbestimmt wird. Da werden unzählbare Opta-Daten analysiert, ehe die Spieler vor Ort angeschaut und dann persönlich getroffen werden. Dann gilt es aber zu prüfen: hat der Spieler Starallüren? Und: wollen wir diese im Verein? Mit Blick auf die Trends der Konferenz scheint das gar nicht negativ konnotiert zu sein.
Die Vielfalt und Tiefe von Daten ist bereits im Alltag aller Proficlubs präsent. Bei Hertha BSC, so der Jugendakademieleiter Benjamin Weber, setzt man auf die Plattform SAP One. Sie liefert bei zahlreichen Werten zu verschiedenen Spielern eine individuelle Auswertung samt ganzheitlichem Steuerungsprozess. Leistungsdiagnostik und Positionsdaten können so optimiert verwaltet werden. Dabei muss das System auch mobil einsetzbar sein. Demnach stellt es über Mobile Gegner-, Re- und Einzelspieleranalysen bereit. Darunter sogar Videos über etwaige Gegenspieler für die Profis. Ähnlich wie nach Spors’ Angaben können so technologiebasiert Scouting und Trainingsplanung optimiert werden.
In Sachen Technologie zeigten sich bei der Konferenz viele junge Gründer. Zum Beispiel Jakob Jakobov, der unter anderem mit Lukas Hinterseer vom VfL Bochum die App SPRT gegründet hat. Diese ermöglicht es Sportbegeisterten allerorten, sich in Echtzeit zu verknüpfen und ein Sportevent oder einfach nur ein kleines Fußballmatch auf die Beine zu stellen. Im Kontext zukunftsorientierter Tech-Innovationen verlieh die Spielmacher Konferenz in Kooperation mit Transfermakt.de erstmals den European SportsTech Award #ESTA18.
Von der Top-Jury, bestehend aus Andreas Heyden, Dirk Schluenz, Thomas H. Rudy und Dirk Ifsen, wurde der Preis nach vier Pitches an Kick160 verliehen, das Tracking von Spielern mit Machine Learning-Prozessen kombiniert.
Während Michael Strohmaier und Max Fritzsching mit ihrem FUMS & GRÄTSCH Live-Podcast direkt an der Waterkant den Abend einläuteten, startete das abendliche Networking mit exklusiven Drinks und gehaltvollen Gesprächen. Die kurzen hanseatischen Wetterkapriolen verstärkten letztlich nur den Eindruck: Das ist Hamburg, das sind die Spielmacher und das war die beeindruckende Fußballkonferenz in all ihren Facetten.