Rassismus existiert, auch im Fußball!

Der Fußball hat regelmäßig mit Rassismusproblemen zu kämpfen, obwohl die Sportart von sich selbst behauptet, für Vielfalt zu stehen. Wo liegt das Problem?

Die FIFA, die UEFA, der DFB, eigentlich jeder Fußballverband auf der Welt wird nicht müde zu erwähnen, dass Fußball für Vielfalt steht. Es gibt unzählige PR-Kampagnen, die gegen Rassismus und für Toleranz im Fußball werben. Doch so gut und wichtig diese Kampagnen auch sind, scheinen die Verbände nicht wahrhaben zu wollen, wie groß das Problem tatsächlich ist. Rassistische, homophobe oder sexistische Gesänge sind im Fußball allgegenwärtig und die Sanktionen der Verbände sorgen nicht für Änderung.

Die Schmach von Sofia

Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Bulgarien und England beispielsweise stand kurz vor dem Abbruch. Der Schiedsrichter entschied jedoch, das Spiel zu Ende zu bringen. Auch die Engländer gingen diesen Weg mit, obwohl sie vorher angekündigt hatten, bei rassistischen Äußerungen von sich aus das Spielfeld zu verlassen. Hätten die Three Lions dies aber durchgezogen, wäre mit Punktverlust zu rechnen gewesen. England spielte also zu Ende, gewann mit 6-0 und nahm drei wichtige Punkte mit nach Hause.

Doch das ist genau das falsche Signal. Nicht von den Engländern, sondern von der UEFA. Eine Mannschaft, die sich klar gegen Rassismus ausspricht und derartige Äußerung nicht hinnehmen möchte, muss damit rechnen, sportlich bestraft zu werden. Die UEFA pocht darauf, selbst Strafen auszusprechen und nur die Schiedsrichter dürfen über Spielabbrüche entscheiden. Doch die Maßnahmen der UEFA schaffen es schlichtweg nicht, die 0%-Toleranz gegenüber Rassismus durchzusetzen.

Klare Regeln der UEFA

Beim 37. ordentlichen UEFA Kongress im Jahr 2013 wurde eine Anti-Rassismus-Resolution verfasst. In dieser hält die UEFA klar fest, “dass der Rassismus und alle anderen Formen von Diskriminierung ein für alle Mal aus dem Fußball verbannt werden müssen.” Diese Worte sind mehr als sechs Jahre alt, aber Verbesserungen ist nicht zu spüren. In der Resolution sind nicht nur die Ziele der UEFA festgehalten, sondern auch das Vorgehen bei Verstößen.

Schiedsrichter sollten ein Spiel bei rassistischen Vorfällen unterbrechen, vorübergehend aussetzen oder auch ganz abbrechen. Die dreistufigen Richtlinien der UEFA sehen vor, dass ein Spiel zunächst unterbrochen und per Durchsage eine Warnung ausgesprochen wird. Im nächsten Schritt wird das Spiel vorübergehend ausgesetzt. Letztendlich wird das Spiel – nach Absprache mit den Sicherheitsverantwortlichen – abgebrochen, wenn das rassistische Verhalten anhält. In einem solchen Fall wird das Spiel als Niederlage für die verantwortliche Mannschaft gewertet.

UEFA Anti-Rassismus-Resolution

Spielunterbrechungen sind zwar hin und wieder zu beobachten, doch zu einem Spielabbruch wegen Rassismus ist es bisher nicht gekommen. Nun ist dies zwar auch im Sinne der Spieler, da diese die Spiele unbedingt beenden möchten, nichtsdestotrotz sendet es ein falsches Zeichen aus. Die ausgegebene Null-Toleranz-Politik gegenüber Rassismus ist in ihrer Umsetzung eher eine 20%-Toleranz-Politik. Dazu kommt, dass teilweise die verantwortlichen Nationalverbände Spielabbrüche kritisieren. Der Französische Verbandspräsident Noël Le Graët sagte nach einigen Spielunterbrechungen zu Beginn der Saison:

Wir werden dafür sorgen, dass es keine Banner mehr in den Stadien gibt. Aber Spiele unterbrechen – nein.

Noël Le Graët

Derartige Äußerungen von einem führenden Fußballfunktionär sind nicht hinnehmbar. Auch Frankreichs Präsident Emanuel Macron spricht sich klar dafür aus, die Bekämpfung von Rassismus und Homophobie in den Stadien zu verstärken, doch Noël Le Graët ist weiterhin Chef des FFF und die Spielunterbrechungen haben abgenommen. Es scheint also in den Köpfen der Funktionäre der Irrglaube zu existieren, dass Rassismus, Homophobie und Sexismus nicht gänzlich aus den Stadien verdrängt werden könnten. Die betroffenen Fans sind zu großen Teilen der Meinung ihre Gesänge wären total normal, denn sie gehören einfach dazu.

Rassistisches Verhalten von Fans eines Vereins oder einer Nationalmannschaft ist (bei einem Erstvergehen) mit einer teilweisen Platzsperre zu ahnden, bei welcher der Teil der Tribüne, in dem der rassistische Vorfall stattfand, geschlossen bleibt. Bei einer weiteren Verfehlung sind eine vollständige Platzsperre sowie eine Geldstrafe zu verhängen. Zudem sollte Fans, die rassistischen Verhaltens für schuldig befunden wurden, der weitere Besuch von Spielen von staatlicher Seite verboten werden.

UEFA Anti-Rassismus-Resolution

Würden diese Maßnahmen der UEFA Konsequent umgesetzt, wären Spielabbrüche auch gar kein Thema. Denn bei Spielen ohne Zuschauer sind rassistische Vorfälle unwahrscheinlich. Dies ist ein harter Schritt, der auch den beteiligten Mannschaften nicht gefällt, aber es ist die einzige wirksame Maßnahme. Wer rassistisch auffällt, darf nicht mehr kommen. Gruppenbestrafungen sind zwar kein sonderlich pädagogisches Mittel, doch so könnte ein Umdenken in der Fanszene bewirkt werden. Wenn dieser eine Fanclub immer wieder dafür verantwortlich ist, dass man die Heimspiele seines Lieblingsvereins nicht besuchen darf, wird die Zuneigung gegenüber diesem Fanclub nicht gerade groß ausfallen.

Bulgarische Fans gegen England

Die sogenannten “Fans” müssen also spüren, dass ihr Verhalten nicht akzeptiert wird und die richtigen Fans dürfen dieses Verhalten ebenfalls nicht länger akzeptieren. Die nächste Möglichkeit konsequent durchzugreifen hat die UEFA im Fall Bulgarien. Dort gab es bereits personelle Konsequenzen, denn der Chef des Bulgarischen Fußballverbandes ist zurückgetreten. Doch das allein wird nicht ausreichen, um den Rassismus aus den Stadien zu verbannen.

Im Geiste des Friedens?

Aktuell besteht neben den Rassismusvorfällen noch ein weiteres Problem, dem sich die UEFA stellen muss. Wie ist mit der türkischen Nationalmannschaft und ihren Solidaritätsbekundigungen gegenüber der türkischen Militäroffensive in Syrien umzugehen? In der Resolution von 2013 gibt es auch dazu klare Worte.

Gemäß ihren Statuten gehört es zu den vorrangigen Zielsetzungen der UEFA, den Fußball in Europa im Geiste des Friedens, der Verständigung und des Fair Plays ohne jegliche Diskriminierung zu fördern.

UEFA Anti-Rassismus-Resolution

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Die Militäroffensive des Türkischen Präsident Erdoğan steht definitiv nicht im Geiste des Friedens. Hinzu kommt, dass den sportlichen Akteuren politische Botschaften auf dem Spielfeld untersagt sind. Die türkischen Spieler haben gegen Albanien und Frankreich geschlossen nach ihren Toren salutiert und diese Geste nach den Spielen noch wiederholt. Dies ist ein eindeutiges politisches Statement in die komplett falsche Richtung. Wenn die UEFA 2013 nicht nur Lippenbekenntnisse gegeben hat und ihre Worte ernst meint, muss jetzt eine Bestrafung folgen. Der FC St. Pauli hat beispielsweise hart durchgegriffen und seinen Spieler Cenk Sahin nach einem Instagram Post, in dem er sich mit der Militäroffensive solidarisierte, freigestellt.

Es ist nicht einfach als Sportverband der beliebtesten Sportart der Welt, klare Werte bei den Fußballbegeisterten durchzusetzen. In den unterschiedlichen Ländern gibt es verschiedenste Kulturen und politische Gesinnungen. Doch die UEFA hat sich richtigerweise der Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung verschrieben und muss auch dementsprechend handeln. Das gilt auch für die FIFA und alle anderen Fußballverbände. Wer von sich behauptet für Vielfalt zu stehen, darf Rassismus, Homophopbie, Sexismus oder Kriegsunterstützung zu 0% Tolerieren.

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