Keine Werbung: So will Paddy Power den Fans die Trikots zurückgeben

Trikots ohne Hauptsponsor auf der Brust sind heute kaum vorstellbar. Doch Wettanbieter Paddy Power möchte das realisieren und hat bereits einigeTeams für die Kampagne gewonnen. Könnten andere Marken und Teams dem Beispiel folgen?

Als der FC Barcelona 2006 erstmals mit einem Trikotsponsor auf der Brust auflief, fiel eine der letzten Bastionen der ungesponserten Trikots. Inzwischen sind Sponsoren auch auf dem Ärmel der Kits gang und gäbe, das liefert immerhin ein immenses Vermarktungspotential. Mit Sponsoren für die Trikots können Vereine heutzutage unglaubliche Summen einnehmen, während die betreffenden Marken eine ganz besondere Visibility erhalten – auch in Social Media. Aber häufig werden die Trikots durch die Sponsoren auch verunstaltet. Paddy Power, Wettanbieter aus Irland, schockte zuletzt die Fußballfans mit dem Sponsoring für das neue Trikot von Huddersfield Town. Allerdings war alles nur ein PR Gag, man möchte die Trikots an die Fans zurückgeben und damit sponsorenfrei halten. Auch der FC Motherwell ist nun mit dabei. Doch kann dieser Back to the Roots-Ansatz im heutigen Fußballökosystem wirklich Schule machen?

Huddersfield Town: Fake Kits machen Kampagne für sponsorenlose Trikots populär

Der Aufschrei bei den Huddersfield Town Fans – und Fußballfans weltweit – war laut. Die Trikots, die den neuen Hauptsponsor Paddy Power, einen irischen Wettanbieter, auf der Brust hatten, waren in den Augen der meisten nicht weniger als eine Zumutung. Denn “auf der Brust” ist nicht ganz korrekt. Der Schriftzug von Paddy Power erstreckte sich einmal quer über die Vorderseite des Trikots.

Glauben konnten die wenigsten, dass das wirklich das neue Trikot sein sollte. Als man dann im Testspiel gegen Rochdale damit antrat, war man sich dessen jedoch sicher.

Huddersfield Town trat im Fake Trikot an, © Huddersfield Town

Medial wurde der Verein gescholten und ausgelacht, Paddy Power wurde vieles vorgeworfen. Jedenfalls war die Aufmerksamkeit für das Trikot des Grauens immens. Und diese nutzte Paddy Power nun, aber auf die bestmögliche Art und Weise. Denn insgeheim war die Trikotgestaltung doch ein PR Stunt. Allerdings keiner, um das Trikotsponsoring zu ändern und die Shirts besser zu verkaufen. Stattdessen wurde damit auf die Initiative Save Our Shirt hingewiesen. Mit dieser möchte Paddy Power die Trikots an die Fans zurückgeben, heißt es, und das Sponsoring auf der Brust einfach entfernen. Zu dieser außergewöhnlichen Initiative haben sich neben Huddersfield Town zuletzt auch die Partner-Teams Macclesfield Town, der FC Motherwell, Southend und Newport bekannt.

https://twitter.com/FootballFunnnys/status/1155160030410432514

Ein Sprecher des Anbieters gab zum schottischen Club Motherwell an:

Motherwell are the second club to join the Save Our Shirt campaign, which sees us give something back to the fans – namely, their shirt. We’ve been planning this with them for months, and it feels great to finally unveil their involvement and their beautiful home and away kits for next season. We know our place, and it’s not on your shirt.

Das ist eine bemerkenswerte Aktion der Marke. Die Fake Kits von Huddersfields Testspiel wurden übrigens für den guten Zweck versteigert, mit einem Mindestpreis von 50 Pfund. Für einige Trikots wurden tausende Pfund gezahlt. Chairman Phil Hodgkinson von Huddersfield Town erklärt:

There has been a lot of interest around the reveal of our home shirt for the 2019/20 Sky Bet Championship campaign. Now, we believe the right thing to do is to auction off the shirts to help raise money for the Town Foundation, Andy’s Man Club and Huddersfield Street Kitchen; three fantastically worthwhile causes that make a real positive impact in the lives of children, young people and men in our community. This Football Club is in the heart of the local community and we understand the important role we play, so by doing this we hope to raise a large sum of money for these charities.

Damit hat Paddy Power Mut bewiesen und Gutes getan. Die Save Our Shirt-Kampagne dürfte vielen Fans besonders gefallen. Aber kann sie Vorbild auch für größere Clubs sein? Paddy Power sponsert immerhin die Clubs und verzichtet auf die Sichtbarkeit auf dem Trikot selbst. Dafür gab sich die Marke Paddy Power schön selbstironisch, als über das Engagement auf YouTube ein Video geteilt wurde.

Kein Sponsor auf der Brust eine Seltenheit

Dass ein Club heutzutage keinen Trikotsponsor auf der Brust trägt, ist äußerst selten. In der MLS sind immerhin die San José Earthquakes komplett ohne Trikotsponsor unterwegs.

Während Sponsoren auf den Trikots der Nationalmannschaften von der FIFA untersagt sind, gehören sie bei Vereinen fast schon zum guten Ton, zumindest zum guten Wirtschaften. Denn diese Platzierung ist heiß begehrt und verspricht meist große Einnahmen. Das Konzept der Trikotvermarktung begann in der Bundesliga in den 70ern mit Jägermeister auf den Eintracht Braunschweig-Trikots, soll in den 50ern aber schon bei Peñarol in Uruguay aufgetaucht sein, so Mental Floss.

Wie relevant die Vermarktung geworden ist, lässt sich am Beispiel des FC Barcelona nachvollziehen. Bis 2006 war man stolz darauf, keinen Sponsor auf der Brust zu tragen und die kultischen rot-blauen Trikots wurden nur vom Wappen und dem Ausrüster geziert. 2006 kam dann Unicef auf die Shirts, allerdings erhielt Barça dafür kein Geld, sondern zahlte der Organisation jährlich 1,5 Millionen Euro für den guten Zweck. Das Engagement läuft weiterhin. Ab Sommer 2011 wurde dann aber auch bei den Katalanen mächtig mit der Werbefläche auf dem Trikot verdient. Zunächst kam die Qatar Foundation, das Unicef-Logo wurde auf der Trikotrückseite angesiedelt. Seit 2017 ist Rakuten Hauptsponsor beim spanischen Meister – und zahlt dem Vernehmen nach 55 Millionen Euro pro Saison. Selbst für das Sponsoring von Trainingsshirts müssen Marken inzwischen einiges hinlegen. Dafür werden auch diese dann medial präsentiert, um Sichtbarkeit zu gewährleisten.

Ob Sponsoren ein Trikot schöner machen oder nicht, hängt oft vom Logo und der Integration ab. Mitunter kann ein Sponsor das ganze Kit abrunden, im schlimmsten Fall aber auch komplett verunstalten. Beispiele gibt es zu hunderten. Ein Fall, in dem ein gelungenes Shirt durch das Logo der Sponsorenmarke in Ungnade fällt, ist Newcastle Uniteds neues Heimtrikot.

Newcastle United Heimtrikot 2019/2020, © Newcastle United

Das Trikot enthält klassische Elemente für den Verein, auch die Zentrierung von Ausrüster und Wappen wirkt passend und ist historisch begründet. Nur das hellblaue Logo des indonesischen Sportwettenanbieters Fun88 wirkt disruptiv, aber nicht im besten Sinne. Natürlich ist das Ganze Geschmackssache. Besser machten es nach Meinung vieler, nicht zuletzt des Blogs Balls.ie, Sony und Juventus Turin, beziehungsweise Kappa, in den 90ern. Hier wirkt die Integration des Sponsors stilvoll und trägt zum cooleren Look bei.

Juves Trikot mit Sony auf der Brust wirkt stimmig, Quelle: Balls.ie

Kann sich das sponsorenfreie Trikot etablieren?

Die neuen Trikots von Motherwell, Huddersfield und Co. haben etwas für sich und sind sicher schöner anzusehen als eine Version mit einem riesigen Paddy Power-Schriftzug. Dennoch sind derlei Trikots heute fast schon gewöhnungsbefürftig. JOE Football hat als Experiment die Sponsoren von den Premier League-Trikots entfernt. Das hat mitunter einen klassischen Touch, wirk aber auch ein wenig aus der Zeit gefallen.

So sähe das Man City Trikot ohne Sponsor aus, © JOE.uk Football

Die Fans dürfen sich über die Initiative von Paddy Power freuen, inbesondere jene von Huddersfield Town, dem FC Motherwell usw. Das Wettunternehmen hat in diesem Sommer ordentlich Publicity erhalten und kann damit vielleicht kompensieren, dass man auf den Shirts nicht zu sehen ist. Das werden andere Marken aber anders sehen. Ein Verein wie der BVB erhält von Evonik knapp 20 Millionen Euro jährlich für das Trikotsponsoring, die Telekom zahlt den Bayern dem Vernehmen nach sogar 35 Millionen. Hinzu kommen Ärmelsponsoren, etwa Opel, das der Borussia aus Dortmund nochmal gut 9 Millionen Euro pro Jahr liefert. Gerade kleinere Vereine erhalten durch diese Deals wichtige Einnamen. Die Big Player hingegen präsentieren die Marken in einem extrem relevanten medialen Umfeld. Daher scheint es derzeit unwahrscheinlich, dass sich die Trikotlandschaft in naher Zukunft umfassend vom klar erkennbaren Sponsor distanziert. Träumen dürfen die Fans aber auch davon; und Paddy Power hilft ihnen dabei.

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