#Jede7te – Viele Frauen im Fußball und nach wie vor viel Ungerechtigkeit

Der DFB nutzte den Weltfrauentag, um unter dem Hashtag #Jede7te darauf aufmerksam zu machen, dass jedes siebte Mitglied im größten Sportfachverband der Welt eine Frau ist. Prominente Unterstützung bekam die Kampagne unter anderem von der Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, die vor dem Sonntagsspiel des FC Bayern sieben Finger in die Kamera hielt. Das Motto der Kampagne lautete: Jedes siebte Mitglied im DFB ist weiblich. Damit sind wir mit 1,1 Millionen Frauen und Mädchen im Fußball vor allem eines: unverzichtbar.

Eine Aussage, die so simpel und doch so wichtig ist. Frauen sind auch im Fußball unverzichtbar! Nur leider ist das öffentliche Bild der Sportart zumeist ein anderes. Frauen in Führungspositionen sind eine absolute Seltenheit und Frauenfußball im Fernsehen nur zu ganz besonderen Ereignissen zu beobachten. Der DFB betreibt mit #Jede7te zwar eine wichtige Kampagne, nur sollte sich der Verband auch konsequenter gegen die Ungerechtigkeiten einsetzen, die Frauen im Fußball noch immer begegnen.

Gender Pay Gap

Ein großes Problem des Frauenfußballs ist die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt 21% weniger als ihre männlichen Kollegen und im Fußball ist diese Lücke noch viel größer. Während Spielerinnen in der Bundesliga durchschnittlich 39.000 Euro pro Saison verdienen, bekommen die Männer durchschnittlich 48.000 Euro pro SPIEL. Das ist keine Lücke mehr. Da liegen Welten dazwischen.

Auch bei der Ausschüttung von Prämien in den Nationalmannschaften sind die Männer ganz klar vorne. Sowohl die FIFA und die UEFA, als auch der DFB belohnen die Männer wesentlich stärker für erfolgreiche Leistungen. So verteilte die FIFA bei der Frauen WM 2019 beispielsweise insgesamt 26 Mio. Euro, während Frankreich, Weltmeister der Männer 2018, alleine 32 Mio. Euro erhielt. Doch in einigen Nationen sind positive Entwicklungen zu erkennen. Zum Beispiel in Norwegen wurden die Prämien für Frauen und Männer komplett angeglichen. Möglich wurde diese Maßnahme, indem die Männer auf einen Teil ihres Gehalts verzichteten.

Frauen in Führungspositionen – Fehlanzeige

Hierzulande aktuell unvorstellbar, aber die Skandinavier nehmen in der Gleichberechtigung im Fußball in vielen Bereichen eine Vorreiterstellung ein. Bereits vor 30 Jahren führte der Verband eine Frauenquote ein, die heute dazu führt, dass 50% der Vorstandsmitglieder weiblich sind. Die FIFA hat in ihrem Führungsgremium auch mindestens sechs Frauen, doch versäumt es bisher, klare Vorgaben an die Nationalverbände zu geben. Im DFB-Präsidium sitzt nur eine Frau, neben 18 Männern. In der Wirtschaft wurde eine Frauenquote eingeführt, nur den starken Männern des Fußballs scheint die Sache noch nicht ganz geheuer. Dabei ist bewiesen, dass Diversität zu den besten Ergebnissen führt.

Die Wissenschaft konnte einen entscheidenden Grund für die niedrige Anzahl von Frauen in Führungspositionen ausmachen. Menschen neigen bei der Einstellung von Personen dazu, jemanden zu bevorzugen, der ihnen ähnlich ist. Da in der deutschen Fußballlandschaft 95% der Führungspositionen von Männern besetzt sind, könnte eine Frauenquote Abhilfe schaffen. In den Stadien sind ca. ein Viertel der Zuschauer weiblich, warum also nicht in den Führungsebenen?

Hannelore Ratzeburg im DFB-Präsidium – allein auf weiter Flur

Frauen als Trainer – noch mehr Fehlanzeige

Auch auf der Trainerposition sind Frauen vor allem im Männerfußball eine Seltenheit, aber auch im Frauenfußball gibt es mehr männliche Trainer als weibliche. In Deutschland liegen die Gründe zum einen darin, dass es für Frauen schwieriger ist, eine entsprechende Lizenz zu erwerben, da die gesamte Szene männerdominiert ist. Zum anderen ist eine Hauptanstellung als Trainerin im Frauenfußball risikobehaftet, da das Gehalt nicht übermäßig hoch ist und man deshalb nach einer Entlassung ohne die nötige finanzielle Absicherung dasteht.

Frauen, die eine Männermannschaft trainieren, sind in Deutschland eine noch größere Rarität. Bisher gab es noch keine Frau, die eine Mannschaft in den oberen drei Ligen trainierte. Dabei entbehrt diese Unterrepräsentation von Frauen jedweder Legitimation. Dass Frauen als Spielerinnen körperlich nicht mit dem Männerfußball mithalten können, steht außer Frage, aber für die Trainerposition sind Frauen ebenso gut ausgestattet, wie Männer. In den USA wird diese Tatsache seit einigen Jahren unter Beweis gestellt. In der NBA gibt es seit 2014 einige Frauen, die als Assistenztrainerinnen tätig sind und eine Frau als Head-Coach scheint der nächste logische Schritt.

In Deutschland ist Inka Grings momentan dabei, mit dem SV Straelen in die Regionalliga aufzusteigen. Die ehemalige Nationalspielerin ist im Besitz der Fußballlehrerlizenz und erfährt in ihrem Verein jede Menge Wertschätzung. Bei einem Punkteschnitt von 2,32 und 19 Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten wenig verwunderlich. Hoffentlich kann sie ein Vorbild werden, für mehr Vereine eine Frau als Cheftrainerin einzustellen und eventuell für Mädchen und Frauen mit dem Fußballspielen anzufangen. Denn seit der WM 2011 sind die Mitglieder- und Zuschauerzahlen rückläufig.

Inka Grings, Trainerin des SV Straelen

Keine Aufmerksamkeit, kein Geld, keine Unterstützung

Die WM im eigenen Land stellte einen Höhepunkt im deutschen Frauenfußball dar. Sponsoren wurden auf die Sportart aufmerksam und die Zuschauerzahlen schossen in die Höhe. Doch versäumte es der DFB, diese Euphorie aufrechtzuerhalten. So verschwand der deutsche Frauenfußball in den letzten Jahren immer mehr in der Versenkung, während in anderen Ländern stetig neue Zuschauerrekorde aufgestellt werden. In England und Spanien haben die Verbände beispielsweise durch die verpflichtende Unterstützung durch die Männervereine dazu beigetragen, dass der Frauenfußball professionalisiert wurde. Doch in Deutschland ist Frauenfußball nach wie vor nur eine Randerscheinung, die vom DFB wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung erhält.

Sexismusprobleme

Wenig Unterstützungen erhalten die meisten Frauen im Fußball auch, wenn es um die Bekämpfung von Sexismus geht. Während in Deutschland das Fußballspielen für Frauen glücklicherweise seit 1970 nicht mehr verboten ist, sieht es in anderen Ländern komplizierter aus. Beispielsweise in Afghanistan haben sich die Frauen selbst organisiert, um eine Nationalmannschaft stellen zu können. Doch eine der Gründerinnen dieser Mannschaft ist mittlerweile aufgrund von Morddrohungen nach Dänemark geflohen und der ehemalige Verbandspräsident Keramuddin Karim wurde wegen Vergewaltigungsvorwürfen von der FIFA gesperrt.

Die Frauen beklagen sich berechtigterweise darüber, dass ihren Anschuldigungen für derartige Sachverhalte nicht genug Gehör geschenkt wird. Opfer von sexueller Gewalt müssen sich vor der FIFA rechtfertigen und der Weltverband reagiert erst, wenn von offiziellen Mitgliedern der Nationalverbände eine Meldung eingeht. Diese Mitglieder sind natürlich zu großen Teilen männlich und schützen sich häufig gegenseitig. Die Spielergewerkschaft FIFPro stellte eine Umfrage zu dem Thema an und 18,5% der befragten Spielerinnen gaben an, bereits Sexismus im Fußball erlebt zu haben, 3,5% berichteten von gewaltsamen Übergriffen.

In allen Ebenen und in allen Verbänden muss noch viel getan werden, um die Ungerechtigkeiten für Frauen im Fußball zu beseitigen. Die Kampagne des DFB zum Weltfrauentag ist eine schöne Geste, aber es müssen Taten folgen, die den unersetzlichen Frauen helfen. Frauen müssen auch im Männerfußball endlich zur Normalität werden. Der Fußball hängt in diesem Gebiet der Gesamtgesellschaft ein weites Stück hinterher.

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