Spielmacher Die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland war kein sportliches Highlight aus deutscher Sicht. Was war aus deiner Sicht ein erfolgreiches Sportmarketing-Highlight im Rahmen der WM?
Stephanus Tekle Es gab einige smarte Kampagnen im Vorfeld und Verlauf der WM. Im „klassischen“ Bereich hat mir die Kampagne von Wish – der Shopping App, sehr gefallen. Es wurde mit Fußballstars gearbeitet, die nicht bei der WM mit dabei waren und gezeigt, was diese während der WM so tun bzw. über die App kaufen, um die Zeit zu überbrücken. So wurde Gareth Bale beispielsweise zum Starfriseur. Eine komplett andere Kam- pagne stellte Copa90 in Kooperation mit Snapchat auf die Beine. Mit der Grundidee von First-Person Storytelling schickte man zahlreiche Mitarbeiter in die WM-Standorte, um vor Ort Live-Content auf Snapchat zu erstellen und so mit der jungen Zielgruppe zu interagieren. Dabei ist wirklich cooles Material entstanden.
Spielmacher Wenn man das Sportbusiness aufmerksam verfolgt, dann erkennt man, dass Infront gerade in einer Art Trans- formationsprozess steckt. Unter anderem hat die Beteiligung an Copa90 hierzulande für Aufmerksamkeit ge- sorgt. Welche konkreten Überlegungen stecken dahinter?
Stephanus Tekle Unsere Branche hat sich gerade in den letzten Jahren stark gewandelt. Durch die Digitalisierung arbeiten wir unter völlig veränderten Voraussetzungen und auch unsere Kunden und Partner haben eine ganz andere Erwartungshaltung an uns als Sportmarketingagentur. Um diesen Erwartungen gerecht zu werden, müssen wir neue Wege gehen – denn für uns zählt letztendlich nur, die bestmöglichen Lösungen für unsere Kunden zu finden. Durch die Investition in Copa90 haben wir im Bereich Content Creation völlig neue Möglichkeiten – das ist schon großes Kino, was die Kollegen dort machen.
Spielmacher Auf der Spielmacher Konferenz steht das Thema “Digitalisierung” im Zentrum aller Überlegungen. Damit verbunden ist die Fragestellung, wie sich der Fußball mittelfristig weiterentwickeln wird. Wie reagiert Ihr als Sport- marketing Firma auf die Digitalisierung?
Stephanus Tekle Natürlich sehen wir uns in der Verantwortung nicht nur von Digitalisierung zu sprechen, sondern diese auch selbst zu leb- en und in alle unsere Prozesse zu integrieren. In Bezug auf unser Business geht es aber vor allem darum, Entwicklungen zu antizipieren und zu agieren. Schließlich wollen wir den Markt aktiv mitgestalten sowie die Potenziale der Digitalisierung optimal nutzen. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, auch das digitale Verständnis der Brands und Rechte- halter zu schärfen – denn das ist zwingend notwendig, um gute Ergebnisse zu erzielen. Oftmals sind wir dann selbst überrascht, welche Eigendynamiken sich entwickeln können, wenn einmal Blut geleckt wurde.
Spielmacher Inwiefern ist eSports ein strategisches Wachstumsfeld für Euch?
Stephanus Tekle Der Einstieg in den eSports ist für uns ein logischer Schritt gewesen, um die Brücke zu unserer stärkeren Kundenzen- trierung zu schlagen und uns breiter aufzustellen. Zudem boomt der Markt (immer weiter), adressiert eine spannende Zielgruppe und bietet den Freiraum, Partnerschaften zwischen Brands und eSports-Entities einmal völlig neu zu denken. Und das macht, um ehrlich zu sein, richtig Spaß! Doch wir wissen auch, dass die Schnelllebigkeit in diesem Geschäft auf manche abschreckend wirkt, weil es so gar nicht dem entspricht, was in den Köpfen seit Jahren fest verankert ist. Jeder möchte Sicherheiten – wir geben diese in Form von Know-How.
Spielmacher Ihr wart auf der Spielmacher Konferenz selbst mit einer Gaming-Zone vertreten. Das erleichterte vor Ort den Zugang zum Thema eSports. Würdest du sagen, der Sportmarkt hat eSports samt seinen Strukturen, Stakeholdern, Plattformen und Fans schon verstanden?
Stephanus Tekle Das wäre schön und für 2018 auch wünschenswert, aber ganz so weit ist es leider noch nicht. In unseren Gesprächen und Workshops mit Unternehmen als auch Rechthaltern merken wir, dass viele Gedanken immer noch mit Stereotypen behaftet sind und der Einstieg in den eSports mit Vorsicht betrachtet wird. Das soll aber kein Vorwurf sein. Denn positiv ist, dass mittlerweile jeder weiß, dass eSports nicht nur ein Trend ist, der bald wieder vorbei geht, und dass sich die Branchenakteure aktiv mit dem Thema auseinandersetzen. Unser Ziel dabei ist es, jeden Partner individuell an das Thema heranzuführen und aufzuzeigen, welche (neuen) Möglichkeiten eSports bietet. Denn so viel ist klar: das Potenzial ist noch nicht mal ansatzweise ausgeschöpft.