Der Pukki-Effekt: Wie Clubs mit Legionären Nischen-Märkte erschließen

Teemu Pukkis Popularität hat Norwich City einen Deal mit einer finnischen Werbeagentur und einen Zugang zu einem weiteren Markt eingebracht. Das erhöht den Wert von Spielern aus kleinen Fußballnationen – wenn sie zuhause denn Stars sind.

Dank Finnlands Star-Stürmer Teemu Pukki ist der kleine Premier-League-Club Norwich City für viele Finnen von Interesse. Das möchte man nun mit der Marketing-Agentur i2 Ltd. vor Ort nutzen – und Kapital daraus schlagen. Und Norwich City ist nicht der einzige Verein, der von Star-Spielern aus kleineren Fußballnationen profitiert, wenn es darum geht, neue, meist kleinere Märkte für den Club und die Marke zu erschließen.

Norwich City sucht den direkten Kontakt zu den Fans – jetzt auch in Finnland

Norwich City ist ein kleiner Verein aus Englands Osten. Nur 190.000 Einwohner zählt die Stadt, in die Carrow Road, das Stadion der Canaries, die wegen ihrer Trikotfarbe Gelb so genannt werden, passen gerade mal knapp über 27.000 Zuschauer. Und bislang hat sich der Club nicht durch große Titelgewinne auszeichnen können; immerhin zwei Ligapokalsiege stehen zu Buche. Der letzte 1985.

Der Verein liegt in einem Gebiet, das von den Ballungszentren der englischen Fußballmächte – London, Manchester, Liverpool – und auch von der Südküste oder den Midlands, wo inzwischen je drei Premier-League-Clubs spielen, weit entfernt. Daher ist die Bindung zu den Fans aus der Umgebung für den Verein sehr wichtig. Aus diesem Grund hat man beispielsweise Lotus, den Autohersteller, der in der Umgebung seinen Hauptsitz hat, als wichtigen Sponsor gewonnen. Das Trainingszentrum wurde sogar nach diesem benannt.

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Doch auch international möchte der Verein auf sich aufmerksam machen. Nicht zuletzt, um die Umsätze ankurbeln zu können, vor allem aber, um die Marke auch die Marke zu stärken. In Deutschland hat der Club schon einige Aufmerksamkeit erhalten, weil neben Trainer Daniel Farke noch sieben deutsche Akteure im Kader stehen.

Doch vor allem in Finnland entwickelt sich der Verein, der es in dieser Spielzeit noch sehr schwer in der Premier League hat, zu einer Attraktion. Hauptgrund dafür ist Stürmer-Star Teemuk Pukki. Letzte Saison wurde er in der englischen League Championship mit 29 Toren Torschützenkönig. Und diese Saison liegt er in der Liga immerhin bei sechs Toren. Zudem erzielte der frühere Schalke-Spieler zehn Tore in der EM-Quali und verhalf seinem Land damit zur ersten Turnierteilnahme überhaupt. Daher ist das Land euphorisch – und Pukki-verrückt.

Diesen Umstand möchte der Arbeitgeber Norwich City nun für sich nutzen. Citys Head of Commercial Development Ben Tunnell erklärt im Zuge einer Partnerschaft mit der finnischen Marketingagentur i2 Ltd:

When we set out on our journey of support for Teemu Pukki and the Finnish national team, it was clear that for us to be commercially successful we would need to partner with Finland’s premier marketing agency for us to achieve our commercial objectives.

Dabei möchte Norwich weiterhin lokal Bindung erreichen, bloß bei den finnischen Fans. Und hat sich hierfür Unterstützung geholt. i2 ltd.s Director Jari-Pekka Jouppi sagt:

The people of Finland are now extremely interested in Teemu Pukki and Norwich City. During the current season, the team’s games have had an average of 400 Finnish spectators. We wish to make using the team in marketing communications both in the English and Finnish markets as easy as possible.

Zwar sind 400 Zuschauer keine große Menge. Aber ein Anfang. Zu Norwichs YouTube-Kanal soll ein Behind-the-Scenes-Feature zum finnischen Erfolg kommen. Das Motto ” We Believe in the Huuhkajat” wird in Finnland unter Norwichs “Flagge” promotet. Club-Merchandise wurde bereits in einem Pop-up Store in Finnland verkauft.

Finland is an important market for a lot of our work across a number of departments at our club and we’re confident that this will be something our supporters across the world can be extremely proud of,

erklärt der Head of Commercial Operations des Vereins, Sam Jeffery, auf der eigenen Website.

Kleine Märkte erschließen mit dem besonderen Legionär

Dass auch vermeintliche Fußball-Zwerge große Spieler hervorbringen können, ist nicht neu. George Weah spielte für Liberia, Aubameyang für Gabun. Ein weiterer Spieler aus einer kleinen Fußballnation ist Nahki Wells aus Bermuda. Er spielt derzeit für die Queens Park Rangers (und gehört dem FC Burnley). Acht Tore in 15 Zweitliga-Partien sind keine schlechte Ausbeute. Interessant ist bei Wells jedoch, dass er in seiner Heimat gern einen Trikotverkaufs-Boom auslöst. Als er 2014 zu Huddersfield Town wechselte und zu jener Zeit deren Rekordtransfer war, wollten auf den Bermudas plötzlich sehr viele Leute ein Town-Trikot mit Wells’ Nummer 21, berichtete Examiner Live. Ein Insulaner erklärte:

I am not a Huddersfield fan but due to Nahki’s arrival I will be following every game and, when I can, watching them when streams are available.

Die Steigerung der Popularität in kleinen und großen, weiter entfernten Märkten kann oft durch einen besonderen Legionär gefördert werden. Park-Ji Sung aus Südkorea hat Manchester Uniteds Markenwert in genau dem Land extrem gesteigert. Auch weil er 2009 als erster Landsmann ein Champions-League-Finale von Beginn an bestritt. In der Daily Mail erklärt Heung-Min Son:

This was so big in South Korea because he was the first [Asian] player to do it. I was doing it as a football fan. Of course I was dreaming about doing the same.

Son, der derzeit womöglich beste Asiat der Welt, ist in Parks Fußstapfen getreten. Beide dürften ihren Clubs, von PSV bis ManUtd, vom HSV bis zu den Spurs, Aufmerksamkeit und Trikotverkäufe in Südkorea und Asien überhaupt beschert haben. Ähnliches dürfte für Henrikh Mkhitaryan gelten. Er ist wohl der populärste armenische Fußballer aller Zeiten, hat schon für den BVB, Manchester United, die AS Roma und Arsenal London gespielt. Laut Armen Press kommt bald sogar eine Briefmarke mit seinem Konterfei auf den Markt.

Erfolg zahlt sich aus

Natürlich verkaufen sich Trikots in größeren Mengen nicht allein, weil ein Spieler aus einem bestimmten Land kommt. Auch der Erfolg – des Teams oder des individuellen Spielers – spielt eine Rolle. Bei Norwich läuft es nicht besonders rund, bei Pukki hingegen, insbesondere für Finnland, schon. Und nun, da er das Land zur ersten EM-Teilnahme geführt hat, dürfte er bei den heimischen Fans noch mehr als Pionier gelten.

Erfolg steigert aber die Nachfrage nach Trikots im Allgemeinen. Der CL-Sieger FC Liverpool, der seit Jahren attraktiven Fußball spielt und auch für das Trikotdesign großen Zuspruch erhält, ist laut einer Erhebung von Love the Sales die Nummer eins bei den Trikotverkäufen in England diese Saison. Dabei habe sich die Nachfrage seit der vergangenen Spielzeit fast verdoppelt. Sogar das Torwarttrikot des Clubs getragen von Allison Becker und auch Adrián, ist auf Platz elf auf der Beliebtheitsskala vor Newcastles Kit beispielsweise.

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Auch andere Marketing-Clous zeigen Wirkung

Während die Top-Plätze der verkauften Trikots von Liverpool, Arsenal, ManUtd, ManCity und Chelsea besetzt werden, hat sich überraschenderweise Absteiger Huddersfield Town auf Platz sechs geschoben. Die Nachfrage nach Terriers-Trikots ist trotz schwacher Leistungen um 1.904 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Der Grund dürfte in einer besonderen Marketing-Aktion liegen, die der Club zusammen mit Sponsor Paddy Powers durchgeführt hat (lest hier alles darüber). Aufmerksamkeit erhielt das Kit, weil im ersten Testspiel ein Scherpen-gleicher Schriftzug zu sehen war. Das quittierten Fans mit Missbilligung.

Kurz darauf wurde klar, dass Paddy Power nur einen Marketing-Stunt geplant hatte und das Trikot des Clubs von Werbung befreien und “den Fans zurückgeben” wollte. Das hat allem Anschein nach Wirkung hinterlassen. Vielleicht ist es nur das Trikot ohne großen Sponsor auf der Brust. Doch für Huddersfield Town hat sich diese Aktion gelohnt. Auch so können die kleineren Clubs ihre Marke profilieren; und den Trikotabsatz steigern.

Dennoch sollten Vereine ihre Spieler oder Partner natürlich nicht nur nach Marketing-Gesichtspunkten wählen. Ein großartiger Spieler kann etwa an Ablöseeinnahmen viel mehr Geld generieren als ein Legionär über den Trikotabsatz im Ausland. Trotzdem helfen Spieler wie Son oder Pukki, Vereine n im Ausland zu einem besonderen Stand in zu verhelfen. Und womöglich sogar zu Fanclubs. Und auch, wenn Norwich City in Finnland nur ein paar Hundert oder Tausend Fans erreicht und keine Summen einnimmt wie etwa beim Verkauf von James Maddison vergangenes Jahr (25 Millionen Euro), wird doch die Vereinskultur weitergegeben. Das ist Marketing, das ist aber auch ein wichtiger Schritt für eine global geprägte und diverse Fußballkultur.

Schon die kleinsten Länder haben übrigens einige Premier-League-Spieler hervorgebracht: Montserrat, Gibraltar, die Färöer Inseln. Wer einen Spieler aus einem solchen Land in seinen Reihen hat, kann zumindest darüber nachdenken, das für die Markenbildung vor Ort zu nutzen. Social Media wie Youtube können dabei besonders gut Emotionen und Hintergründe transportieren. Schaut bloß einmal nach Norwich.

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