Buddhas in Berlin – Jürgen Klinsmann neuer Trainer bei Hertha BSC

Beim FC Bayern sorgte Klinsmann vor allem für aufsehen, weil er angeblich Buddha Statuen aufstellen ließ. Mit Hertha möchte er durch Erfolge überzeugen.

Vor der Saison waren die Verheißung groß in der Hauptstadt. Hertha BSC hatte mit Union nicht nur endlich wieder einen Stadtrivalen im Oberhaus, es kaufte sich außerdem ein neuer Investor in den Verein ein. Lars Windhorst übernahm mit seiner Tennor Holding 49,9% der Anteile der alten Dame. Windhorst versprach, in Zukunft Geld zur Verfügung zu stellen, das für namenhafte Transfers verwendet werden sollte. Dieser Ankündigung folgten im Sommer Taten. Die Hertha kaufte mit Dodi Lukébakio einen der Shootingsstars der Vorsaison für rund 20 Millionen Euro vom FC Watford. Außerdem lieh man Marius Wolf vom BVB aus und vereinbarte eine mögliche Kaufoption über die gleiche Summe.

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Die Erwartungen waren dementsprechend hoch und man scheute sich auch nicht davor, diese zu formulieren. In Zukunft sollte die Hertha um die europäischen Plätze mitspielen. Dass dies direkt in der ersten Saison klappt, war sicherlich nicht fest eingeplant, aber man hatte zumindest mit einer Verbesserung gerechnet und diese wurde nicht nur in der Tabelle angestrebt. Die Zukunftspläne des Hauptstadtklubs sahen auch vor, dass Erfolge durch schönen offensiv Fußball erreicht werden. Eine Neuerfindung des Vereins also.

Neue Hertha, neuer Trainer

Der langjährige Trainer Pál Dárdai und der Verein beendeten in diesem Zuge die Zusammenarbeit. Dárdai bezeichnete sich selbst schon im vorigen Sommer als müde und einigte sich mit den Verantwortlichen darauf, sein Amt zum Saisonende niederzulegen. Ein Nachfolger wurde in den eigenen Reihen gefunden. Ante Čović, bis dahin Trainer der zweiten Mannschaft, übernahm das Profiteam zur neuen Saison. Mit ihm sollte sich der Verein vom Sicherheitsfußball verabschieden. Unter Dárdai hatte man sich in der ersten Liga etabliert und im Tabellenmittelfeld stabilisiert. Zweimal reichte es sogar für die Euro League Qualifikation. Doch zuletzt stagnierte die Entwicklung ein wenig. Eines hatte man unter der Regie des Ungarn in Berlin jedoch höchst selten: Abstiegsangst.

Ex-Coach Dárdai kehrt nach einem Sabbatjahr zurück zur Hertha und arbeitet in der Jugendakademie.

Nun wurde das Kapitel Ante Čović bei Hertha BSC nach gerade einmal 12 Spieltagen schon wieder geschlossen. In einem zwischenzeitlichen Hoch vom 5. bis zum 8. Spieltag holten die Berliner zwar zehn von 12 möglichen Punkten, aber am Ende des Tages waren sieben Niederlagen nach 12 Spielen zu viel. Offensiv war ansatzweise zu erkennen, warum Ante Čović für die ambitionierten Aufgaben auserkoren wurde, doch war von der eigentlichen Stärke der Hertha, ihrer defensiven Stabilität, nichts mehr zu spüren. Die frühe Entlassung zeugt trotzdem von einer Ungeduld, wie sie im Profifußball häufig zu finden ist.

Verglichen mit den Ligakonkurrenten aus Bremen und Düsseldorf steht die Hertha nicht übermäßig schlecht da. Man ist punktgleich und hat ein sehr ähnliches Torverhältnis. Doch in Bremen und Düsseldorf halten die Verantwortlichen die Füße still und auch die Medien lassen die Trainer weitestgehend in Ruhe. Düsseldorf hat natürlich einen gänzlich anderen Anspruch als die Hertha und niemand stellt dort Friedhelm Funkels Fähigkeiten in Frage. Und auch Kohfeldt hat für die Bremer schon einiges geleistet und genießt ein hohes Ansehen, aber den eigenen Ansprüchen hinkt man dort ebenfalls weit hinterher. Doch den Trainer deshalb gleich zu entlassen, kommt an der Weser nicht in Frage. In Berlin hingegen scheint man derzeit nicht bereit, jungen, unerfahrenen Trainern die nötige Zeit zu geben, um sich zu beweisen.

Große Namen in der Hauptstadt

Nun soll es also einer richten, der reichlich Erfahrung mitbringt. Jürgen Klinsmann, erst kürzlich in den Aufsichtsrat der Hertha berufen, übernimmt mindestens bis zum Saisonende und der ehemalige Nationaltrainer kommt nicht allein. Er bringt einige bekannte Namen in seinem Trainerteam mit. Neuer Co-Trainer ist der ehemalige Werder Coach Alexander Nouri und Torwarttrainer wird Andreas Köpke, der lange Jahre die Torhüter der Nationalmannschaft trainierte.

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Das kurzfristige Ziel für den Wahl-Amerikaner ist klar: die Hertha aus dem Tabellenkeller führen. Ob es noch in diesem Jahr zu höheren Gefühlen reichen könnte, bleibt abzuwarten. Doch was passiert in Berlin, wenn es auch unter Klinsmann nicht besser läuft? Sollte dieser Fall tatsächlich eintreten, liegt der Vergleich zu einem anderen Fußballverein, dessen Wappen ebenfalls die Farben blau und weiß enthält, sehr nahe.

Hertha bekommt einen neuen Investor, der Geld in den Verein pumpt, um teure Transfers zu ermöglichen. Ein neuer Trainer wird installiert, um die Spielphilosophie zu revolutionieren und den Verein nach Europa zu führen. Nach wenigen Monaten wird dem neuen Trainer das Vertrauen wieder entzogen und man übergibt die Verantwortung an einen großen Namen im Fußballgeschäft, der in der Bundesliga als Trainer bisher wenig erreicht hat. Das alles geschieht auf der Grundlage von sechs einigermaßen erfolgreichen Bundesligasaisons, in denen in den letzten viereinhalb Jahren Pál Dárdai ,ein Hertha-Urgestein, den Verein souverän als Trainer geführt hat. Man hat sich also bewusst abgewandt, von kontinuierlicher Sicherheit und sucht nun den schnellen Erfolg, ohne dabei Rückschläge einzuplanen.

Der HSV als Mahnmal

Man sollte eigentlich denken, die Verantwortlichen hätten in den letzten Jahren den Werdegang des HSV aufmerksam verfolgt. Dieser war ein denkbar schlechtes Vorbild, was unüberlegte Entscheidungen und schnelle Trainerentlassungen angeht. Auch beim HSV steht ein Investor im Hintergrund, der es dem Verein immer wieder ermöglicht, teure Transfers zu tätigen. Doch die Mannschaft bleibt Jahr für Jahr hinter den Erwartungen zurück und endete letztendlich in der Zweitklassigkeit. Aufgrund der individuellen Klasse hätte der Verein eigentlich nie, etwas mit dem Abstieg zu tun haben dürfen. Doch kein Trainer bekam die nötige Ruhe, Zeit und Rückendeckung, um seine Ideen zu verwirklichen.

Es ist noch zu früh, um bei der Hertha von einer annähernd vergleichbaren Situation zu sprechen. Nur sei den Verantwortlichen dringend empfohlen, die eigenen Ansprüche etwas zu minimieren und dadurch den Trainern und Spielern, den Druck zu nehmen. Als langfristiges Ziel die europäischen Plätze auszugeben, ist überhaupt kein Problem. Jedoch sollte allen Beteiligten bewusst sein, dass ein langfristiges Ziel nicht innerhalb einer Saison erreicht werden muss. Ein neuer Trainer benötigt Zeit, um der Mannschaft seine Ideen zu vermitteln. Nicht überall beginnen Amtsperioden derart rosig, wie momentan in Gladbach.

Düsseldorf und Friedhelm Funkel standen letzte Saison als Aufsteiger nach 14 Spielen mit nur neun Punkten auf dem letzten Tabellenplatz. Niemand hätte erwartet, dass sich der Verein derartig in der ersten Liga etablieren würde. Doch der Trainer konnte in Ruhe weiterarbeiten und brauchte sich nicht nach jeder Niederlage davor fürchten, seinen Job zu verlieren. Ähnlich sieht es beim SC Freiburg aus. Christian Streich ist dort über jeden Zweifel erhaben und ihm ist es sogar erlaubt, mit dem Verein abzusteigen. Nur in einer solchen Atmosphäre sind Leistungen, wie sie der Sportclub momentan darbietet, möglich.

In den Trainer vertrauen

Die Devise sollte also lauten: Ruhe bewahren und Vertrauen haben. Wer einen Trainer einstellt, tut dies nicht, weil er ihn gerne nach zwei Monaten wieder entlassen möchte. Jeder Trainer und jeder Verein hat eine Vision und, um diese gemeinsam zu erreichen, ist es nötig, ineinander zu vertrauen. Jürgen Klinsmann wird dieses Vertrauen zunächst einmal genießen. Wie sich das Verhältnis zum Trainer entwickelt, sollten die gewünschten Ergebnisse ausbleiben, muss er hoffentlich niemals erfahren.

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