Am Montagabend beim Spiel Eintracht Frankfurt gegen Union Berlin bot sich ein ungewohntes Bild. Der gesamte Unterrang der Nordwestkurve – dort, wo normalerweise die Ultras ihre Lieder anstimmen – blieb leer. Was man sonst nur aufgrund von Sanktionen kennt, passierte an diesem Montag aus Protest und zwar aus Protest gegen die Montagsspiele. Auf den ersten Blick scheint diese Aktion unverständlich, da es bereits beschlossen ist, dass ab der kommenden Saison keine Montagsspiele mehr stattfinden. Schaut man aber genauer hin und beschäftigt sich mit den Gründen der Frankfurter Ultras werden die Beweggründe deutlich.
Schon in der Vergangenheit protestierte gerade die Frankfurter Fanszene heftig gegen die Montagsspiele. Aber auch in anderen Stadien der Republik war der Unmut der Fans zu erkennen. Den Vereinen sollte deutlich gemacht werden, dass die Fans sich nicht alles gefallen lassen. Die Menschen, die Woche für Woche für ihren Klub ins Stadion gehen und die Bundesliga so einzigartig machen, wollen fanunfreundlichen Anstoßzeiten aufgrund lukrativer Fernsehdeals entgegenwirken.
Vereine korrigieren Fehler
Die Vereine haben schnell gemerkt, dass sie einen Fehler gemacht haben und versuchten diesen wieder auszubügeln, indem sie letztes Jahr für eine Abschaffung der Montagsspiele stimmten. Diese Abschaffung ist ein Teilerfolg für die Fans, aber bedeutet nicht, dass jetzt alles gut ist. Die zehn Anstoßzeiten pro Saison, die momentan Montags 20:30 Uhr und Sonntags 13:30 liegen, werden nämlich nicht auf die bereits bestehenden Anstoßzeiten verteilt, sondern auf Sonntagabend verlegt. Die Zerstückelung des Spieltags bleibt also bestehen.
Das ist zwar nur noch halbscheiße, aber bestimmt kein Grund für lauten Applaus. Die Spieltagzerstückelung wird schließlich mitnichten zurück gedreht.
Frankfurt Ultras
Dass gerade die Eintracht Fans so empört von dieser Zerstückelung sind, ist darin begründet, dass ihr Verein in dieser Saison nur acht von bisher 23 Spielen am Samstag um 15:30 Uhr bestritt. Natürlich sind die häufigen Europa League-Spiele am Donnerstag der Hauptgrund für diese Ansetzungen, aber auch, wenn die Mannschaft nicht in der Europa League spielte, musste sie diese Saison häufig am Freitag oder am Montag ran.
Argumente am Thema vorbei
Jetzt eine Argumentation anzuführen, dass die Fans doch durch den Europapokal ständig unter der Woche mitfahren und deshalb Montagsspiele auch in Ordnung wären, geht komplett am Thema vorbei. Die Ultras wollen deutlich machen, dass die Bundesliga für sie am besten am Samstagnachmittag um 15:30 Uhr stattfindet. Auch das Argument, dass seit Einführung der Montagsspiele insgesamt weniger Spiele unter der Woche stattfinden, weil es eine englische Woche weniger gibt, trifft nicht den Kern. Die Fans sind gegen eine Zerstückelung des Spieltages und wollen am liebsten am Samstag ins Stadion. Sowohl Montagsspiele als auch englische Wochen sollen wegfallen. Nicht eines von beidem und auch keine neuen Anstoßzeiten am Sonntagabend.
Manch einer hält den Fans eine Selbstinszenierung vor und behauptet, sie nehmen sich viel zu wichtig. Doch die Fankultur in Deutschland ist das Alleinstellungsmerkmal der Bundesliga und ohne die unfassbar stimmungsvolle Kulisse wäre die Bundesliga nicht mehr als eine gute europäische Liga. Finanziell kann man so oder so nicht mit den übermächtigen Engländern mithalten, aber stimmungstechnisch ist die Bundesliga einsame Spitze. Die Zuschauerzahlen sind atemberaubend und (fast) jedes Fußballspiel ist ein Fest.
Protest wichtiger als ein einziges Spiel
Dass die Aktion der Frankfurter Ultras nicht gerade hilfreich für die sportliche Leistung der Mannschaft am Montagabend war, ist auch klar. Trotzdem muss man den Fans ihren Protest zugestehen. Sie unterstützen ihre Mannschaft in jeder Lage, wie man in London nach dem verlorenen Europa League-Halbfinale gesehen hat, aber ein derartiges Fortbestehen der Fanszene ist nur möglich, wenn sich die Gruppen gegen fanunfreundliche Entwicklungen wehren.
Es darf sich bei den Montagsspielen keine schleichende Akzeptanz, kein Gewöhnungseffekt einstellen!
Ultras Frankfurt
Dieser Gewöhnungseffekt hat in der zweiten Bundesliga längst stattgefunden, denn dort wird bereits seit den 90ern am Montagabend Fußball gespielt. Zur nächsten Saison ist aber auch das Geschichte. Auch die zweite Liga bekommt neue Anstoßzeiten. Auch das ist nicht optimal, aber immer noch besser, als sich zwei Tage Urlaub nehmen zu müssen, um seine Mannschaft in Kiel oder Sandhausen unterstützen zu können.
Im Stadion ist es Samstags am schönsten
Und zum Abschluss nochmal für alle Kritiker der Ultras die eigentlich offensichtlichen Gründe, warum Fußball für die Fans am besten am Samstag stattfindet: Wer einmal im Fanblock gestanden hat, weiß, was das für ein unglaubliches Gefühl ist, als Einheit seinem Mannschaft zum Sieg zu schreien. Doch so einen Spiel bedeutet für die Fans nicht nur die 90 Minuten, in denen die Spieler auf dem Platz stehen. Das Hobby des Fußballfans nimmt mindestens einen ganzen Tag ein. Man trifft sich schon vor dem Spiel, trinkt eventuell ein Bier und begibt sich zum Stadion. Bei Auswärtsfahrten natürlich mit teilweise mehrstündiger Anreise verbunden. Nach dem Spiel feiert man bestenfalls noch seine Mannschaft und lässt den Abend irgendwo gemeinsam ausklingen. Ein gelungener Samstag; und am Sonntag kann man trotzdem noch bei Oma zum Kaffee vorbeischauen oder gar selber auf dem Platz stehen.
Sonntags ist das Ganze auch in ähnlicher Art möglich, kollidiert aber eventuell mit dem Amateurfußball. Freitags und vor allem Montags oder an anderen Wochentagen wird es dagegen schwierig. Nach einem achtstündigen Arbeitstag direkt zum Heimspiel zu fahren, ist noch möglich, aber Auswärtsspiele ohne Urlaub zu nehmen, sind kaum machbar. Außerdem sind die Anstoßzeiten derart spät, dass es für den ein oder anderen hart wird, früh am nächsten morgen aufzustehen. Deshalb sind bei Montags-, Dienstags- oder Mittwochsspielen meistens zwei Tage Urlaub nötig. Und nochmal: Die Europapokalspiele sind eine völlig andere Thematik. Die Fans sind bereit für diese denkwürdigen Abende, einiges in Kauf zu nehmen, aber die Bundesliga sollte am Wochenende stattfinden.
Klar ist auch: Im Gegensatz zu anderen europäischen Ligen genießen die deutschen Fans nahezu paradiesische Verhältnisse. In Spanien Beispielsweise gibt es ZEHN verschiedene Antsoßzeiten. Aber die Zuschauerzahlen sind auch dementsprechend. Nicht einmal die Top-Vereine haben immer voll ausgelastete Stadien und der Ligadurchschnitt lag 2018/2019 bei 27.000. In Deutschland waren in der vergangen Saison im Schnitt 43.000 Menschen in den Stadien. Das ist eine andere Dimension und etwas, das es zu bewahren gilt. Denn ohne die Fans ist die Bundesliga nichts.