Traditionelle Sportberichterstattung bedeutet hauptsächlich: Übertragung von Live-Spielen, Zusammenfassungen und Diskussionsrunden. Der Zuschauer nimmt den Content meistens über den Fernseher auf. Eine Interaktion zwischen Zuschauer und Berichterstatter findet nicht statt.
Von dieser Art Sport zu konsumieren, hatten vier Highschoolfreunde aus San Francisco im Jahr 2005 genug. Ihnen war das Ganze zu langweilig und einseitig. Deshalb gründeten sie das Sportmagazin Bleacher Report (B/R). Das Ziel war es, Sport als Kulturobjekt zu behandeln und Content zu bieten, über den sich jungen Menschen gerne austauschen.
Die Hauptzielgruppe waren damals wie heute junge Männer. Nur die Reichweite hat sich seit dem etwas vergrößert. Mit 9,5 Mio. Followern allein auf dem Haupt-Instagramaccount und vielen weiteren Millionen auf Neben-Accounts und anderen Plattformen gehört B/R zu den größten Sportmagazinen der Welt.
Bei der Erreichung einer solchen Größe hat die Sprache eine wichtige Rolle gespielt. B/R wird von jungen Menschen für junge Menschen betrieben und dementsprechend hören sich auch die Formulierungen an. Die Sprache, mit der sich junge Menschen untereinander unterhalten, ist einfach eine andere als die, mit der die herkömmlichen Medien berichten.
“If a traditional media company uses terms like ‘dope’ or ‘lit,’ it comes across as condescending”
David Finocchio – CEO und Mitbegründer von Bleacher Report
Neben dieser jugendlichen Ausdrucksweise ist die Konversation von und mit den Fans entscheidend für den Erfolg von B/R. Das Magazin, das 2012 für rund 175 Mio. US-Doller von Time Warner gekauft wurde, möchte nicht nur Informationen bereitstellen. Es möchte als Plattform für Diskussionen dienen und selber an diesen teilhaben. Deshalb stellen für B/R die Interaktionen in den sozialen Netzwerken einen der wichtigsten Indikatoren für die Bewertung der eigenen Arbeit dar.
Große Konkurrenten im Sportbusiness sind zumeist die traditionellen Berichterstatter wie ESPN. Diese haben durch die jahrelange Bekanntheit auch in Social Media eine enorme Reichweite, doch sind hohe Followerzahlen nicht gleichbedeutend mit hohen Interaktionszahlen.
Das hängt vor allem mit der Art der geteilten Beiträge zusammen. Während ESPN hauptsächliche sachliche Informationen in langen Artikeln postet, findet man bei B/R Fotos oder kurze Videos mit einem witzigen Satz betitelt und meistens einem Emoji dazu. Diese schnell zu erfassenden und unterhaltsamen Beiträge kommen vor allem bei jüngeren Menschen sehr gut an und werden von diesen deshalb häufig kommentiert und mit ihren Freunden geteilt.
“ESPN is about the news of sports; we’re about the spirit of sports.”
Jermaine Spradley – Excecutive Editor von Bleacher Report
Ein erfolgreiches Beispiel für diese moderne Art des Contents ist die B/R YouTube-Serie “Game of Zones”. Die offensichtlich an HBOs “Game of Thrones” angelehnte Serie behandelt die aktuellen Geschehnisse der NBA auf spaßige Weise. Dieses Format kommt der Plattform entsprechend mit etwas längeren Videos von ca. vier Minuten daher und auch die Erstellung ist im Gegensatz zu anderen B/R-Videos sehr zeitaufwändig, aber der Aufwand wird mit vielen Miollionen Klicks und unzähligen Interaktionen belohnt.
Einen Meister in der Umsetzung der B/R-Strategie hat sich das Magazin im Jahr 2015 geangelt. Omar Raja – ein Mittzwanziger, der aus ähnlichen Gründen wie die B/R Gründer die Instagramseite “House of Highlights” ins Leben rief und dieser mit seiner ganz eigenen Art zu riesigem Erfolg verhalf. House of Highlights verbreitet hauptsächlich kurze Sportclips, die nicht das Ziel haben, als vollwertige Zusammenfassung wahrgenommen zu werden.
Es geht viel mehr darum die Emotionen des Sports einzufangen. Dabei können auch mal die Fans zu den Protagonisten werden, wenn diese beispielsweise nach einer unglaublichen Aktion auf dem Spielfeld völlig ausflippen. Diese Art des Contents kommt auf Instagram sehr gut an und dementsprechend entwickeln sich auch die Followerzahlen von House of Highlights.
Mit aktuell 12,5 Mio. Abonnenten auf Instagram ist die Seite sogar größer als die von B/R selbst. Und Raja erklärt diesen Erfolg ebenfalls hauptsächlich mit der richtigen Sprache und der Interaktion mit und zwischen den Usern. Er leitet noch immer die Geschicke der Seite höchst selbst und tut sich schwer damit wichtige Entscheidungen an andere zu übertragen. Nicht nur deshalb wird House of Highlights mit der Person Omar Raja identifiziert.
“It speaks from an actual person’s voice, like when you and you are boys are talking. If ‘SportsCenter’ posted something like that, it would come off as so weird and strange.”
Omar Raja – Gründer der Instagramseite “House of Highlights”
Datenerhebung ist für ein so großes Unternehmen von enormer Bedeutung. Dementsprechend konsequent arbeitet B/R auch in diesem Bereich. Es sind eigens Mitarbeiter angestellt, die den Erfolg von bestimmten Posts zu bestimmten Zeiten und viele weitere Variablen analysieren. Alles mit dem Ziel, jederzeit den Content zu bieten, der die Menschen zu größtmöglicher Interaktion anregt.
Interessanterweise ist bei diesen Datenerhebungen herausgekommen, dass die Werbeposts von B/R sogar besser bei den Followern ankommen als nicht kommerzielle Aktivitäten. Außerdem ist die Produktion der Werbung auf Instagram verhältnismäßig einfach. Eine bestenfalls berühmte Person nimmt mit einem Smartphone einen oder mehrere kurze Clips auf, diese werden auf Instagram geteilt und mit den richtigen Hashtags und Markierungen versehen. Auf ähnliche Weise wurde in Zusammenarbeit mit großen YouTube-Stars und Adidas eine Werbekampagne gestartet, die auch den Followerzahlen aller Beteiligten in die Karten spielte.
Neben Instagram bespielt B/R auch die anderen wichtigen Kanäle und dabei ist die Konversation um das Geschehene herum immer genauso wichtig wie der Sport selbst. Das neueste Angebot ist die Streamingplattform B/R Live, die ähnlich wie DAZN hierzulande alle möglichen Sportarten live und on-demand anbietet. Dadurch geht B/R den nächsten wichtigen Schritt als Sportberichterstatter der Zukunft.
Auf der Spielmacher Konferenz 2019 wird Lee Walker, der Managing Editor von Bleacher Report, unter dem Titel “Do you get the game? How Bleacher Report is building a global content powerhouse” über die modernen Strategien des immer weiter wachsenden Sportmagazins berichten und erklären, warum das Kulturobjekt Sport so gut bei den jungen Menschen ankommt.