E-Sport und Fußball – Konkurrenz oder Chance für die Königsdisziplin?

Ein neuer Player drängt seit einigen Jahren mit enormer Geschwindigkeit in die Sport- und Entertainment-Welt. Inzwischen streamen weltweit Millionen von Zuschauern die Events, zudem wachsen die Umsatzzahlen rasant. Außerdem versprechen sich immer mehr non-endemische Marken ein effektives Sponsoring in dem Bereich. Die Rede ist von E-Sport. Ob es sich dabei tatsächlich um einen Sport per definitionem handelt, soll an dieser Stelle nicht weiter analysiert werden. Wohl aber sein Potenzial und seine Bedeutung für die Sportbranche.

Währenddessen erlebt der aktuelle Sportkönig Fußball aus deutscher Brille zumindest auf internationaler Bühne sportlich schwierige Zeiten und laut einer Studie von Nielsen Sports besteht zumindest die Gefahr, dass die Mehrheit der Fußballinteressierten die kommerzielle Entwicklung ihrer Lieblingssportart kritischer betrachtet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die aufstrebende Plattform E-Sport eine Gefahr ist, weil sie König Fußball die Fans der Zukunft abjagen wird – oder doch eher eine Chance für Fußballligen und -klubs, neue Anhänger für sich zu begeistern.

Denn der Trend zur Kommerzialisierung hält an und verstärkte Kämpfe um Übertragungsrechte treiben die Einnahmen von Ligen und Klubs in die Höhe. Horrende Ablösesummen und Gehälter für Spieler sind die Folge. Vereine wie Paris Saint-Germain oder Manchester City sind längst keine reinen Fußballklubs mehr, sondern zu Profit-Centern mit eigener Marketingmaschinerie geworden. Während das Interesse in Wachstumsmärkten wie beispielsweise in Südostasien noch steigt, machen sich europäische Fans zunehmend durch Proteste in den Stadien Luft. In Manchester haben sie sich gar vom ManCity-Rivalen United abgewendet und gemeinsam den Verein FC United of Manchester gegründet, der in einer niedrigen  Liga kickt. Dazu kommt die Schere zwischen den umsatzstarken und -schwächeren Klubs, die zu einem nachlassenden sportlichen Wettbewerb führt. Auch das ist ein Problem für viele Fans: 74 Prozent der befragten Fußballinteressierten in Deutschland geben laut der Studie Fußball-Monitor von Nielsen Sports an, dass ein spannender Meisterschaftskampf auch ihr Interesse steigern würde. So beginnt das Image des Fußballs auf europäischer Ebene zu bröckeln. Wird die Branche daher in Zukunft auf die Konsumenten außerhalb Mitteleuropas setzen? Oder gibt es alternative Kanäle, um auch das lokale Interesse an den Ligen und Klubs wieder zu stärken?

Auch die E-Sportbranche boomt weltweit. Die größten Events wie ziehen tausende Zuschauer in die Hallen, dazu gibt es Streamingzugriffe in Millionenhöhe. Ein enormes Potenzial auch für den Fußball: Studienergebnisse von Nielsen Sports belegen, dass sich 87 Prozent der E-Sportfans in Deutschland auch für Fußball interessieren. Dieses Potenzial wird vor dem Hintergrund des Durchschnittsalters der E-Sport-Interessierten von 32 Jahren noch einmal spannender. Denn die E-Sportfans sind damit durchschnittlich zehn Jahre jünger als die Fußballinteressierten und bildet entsprechend langfristig eine spannende Konsumentengruppe.

Die entscheidende Herausforderung für den Fußball liegt also vor allem darin, wie diese jüngere Zielgruppe über Themen mit Bezug zum E-Sport aktiviert und an die jeweilige Liga beziehungsweise den jeweiligen Klub gebunden werden kann. 

Quelle: Nielsen Sports SDNA November 2017

Viele Vereine haben dieses Potenzial längst erkannt. Bekanntermaßen haben in Deutschland der FC Schalke 04 oder der VfL Wolfsburg E-Sportteams aufgebaut, die ihren Klub bei nationalen und internationalen Turnieren vertreten; der 1. FC Köln kooperiert mit dem E-Sport-Clan SK Gaming. In Dänemark hingegen wurde die eSuperliga gegründet, eine Kooperation zwischen dem dänischen Fußballverband und dem E-Sport-Organisator Dreamhack. Auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat sich für die Einrichtung einer eigenen E-Sportliga entschieden. Dieses Engagement befürworten die E-Sportfans in Deutschland: 64 Prozent der Befragten zwischen 14 und 49 Jahren haben eine positive Einstellung gegenüber dem E-Sportengagement von Bundesligaklubs.

Doch noch nicht alle Klubs haben das Potenzial für sich erkannt oder final bewertet. Im Ringen um die Aufmerksamkeit einer jungen Zielgruppe ist es aber unabdingbar, das enorme Potenzial von E-Sport differenziert zu analysieren und den Mehrwert für die Klubmarke, aber auch für Sponsoren zu erkennen. Dazu gilt es die Schnittmengen zwischen Gamern, E-Sportfans und Fußballfans zu verstehen. Denn nicht nur national, sondern gerade im Zuge der angestrebten Internationalisierungsstrategien der DFL und Bundesligisten könnte E-Sport ein erfolgreicher Hebel sein, um über eine kreative Aktivierung des Engagements – alleine oder gemeinsam mit Sponsoren – die Bekanntheit und das Image der Vereinsmarke auf- und auszubauen, sowie neue Umsatzpotenziale freizulegen.


Unser Gast-Autor Lars Stegelmann

Executive Vice President Commercial, Nielsen Sports and Entertainment

Der doppeldiplomierte Sozialökonom und Betriebswirt verantwortet seit Beginn 2015 die Vermarktung bei Nielsen Sports und Entertainment in den Regionen Deutschland, Schweiz, Österreich, Nord-/ Mittel- und Osteuropa.

Lars Stegelmann verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung als Vertriebs-, Marketing- und Kommunikationsexperte in der Sport- und Entertainmentindustrie. Unter anderem war er verantwortlich für die Vermarktung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, der UEFA Europameisterschaft 2012 in Polen/Ukraine sowie des UEFA Champions League Finals 2012 in München. Bevor er 2015 die Verantwortung für den Ausbau der Vermarktung bei Nielsen Sports (früher Repucom) übernahm, arbeite er für die Formel E in London und entwickelte das Vermarktungskonzept der neuen Formula E der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA).

Seine Expertise basiert außerdem auf über sieben Jahre Erfahrung aus den internationalen Unternehmensberatungen PricewaterhouseCoopers sowie Roland Berger Strategy Consultants. Er hat ein internationales Profil mit Berufsstationen und Lebensmittelpunkten in der Schweiz, Polen, Ukraine, England, Belgien und (Süd-) Afrika. Lars Stegelmann verfügt über umfassendes Wissen in der Sport- und Entertainmentbranche aus den verschiedenen Blickwinkeln der Werbetreibenden, Rechteinhaber, Verbände, Medienunternehmen und Agenturen.


Kontaktdaten

Lars Stegelmann, Nielsen Sports & Entertainment
Email: Lars.Stegelmann@nielsen.com
Tele: +49 171 645 3311

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